NHL-Eishockeymagazin
 berichte - hintergrund

>> Titelseite

>> Berichte
>> aktuell
>> hintergrund

>> Vereine

>> Fanspiele

>> Service

>> Statistik

>> Gerüchte

nr.66 / jun. 2003 

ANZEIGE

ESSAY
 
New Jersey - Im Schatten von Big Apple

von Stefan Herget

'Es sieht nicht aus, wie das Zuhause der Champions' titulierte am 6. Juni dieses Jahres die Zeitung USAToday auf ihrem Titelblatt in Anspielung auf das durch den Staat New Jersey an der Contiental Airlines Arena angebrachte Banner mit der Aufschrift 'Arena der Champions' und verdeutlichte damit die Problematik, die bei dem mittlerweile dreifachen NHL-Champion seit 1995, den Devils vorherrscht.
Sport ist häufiger mehr als nur ein Spiel. Er zieht nicht nur diesseits des Atlantik ganze Städte in seinen Bann. Fans und auch keine Fans sind auf einmal Bestandteil des Ganzen. Besonders ausgeprägt beobachtet man dieses Phänomen in Städten, die jahre- oder gar jahrzehntelang nicht von Meisterschaften heimgesucht wurden. Von der ausgelassenen Meisterfeier der Rangers in Manhattan 1994, ganze 54 Jahre nach dem letzten Stanley Cup Gewinn, schwärmen heute noch viele.

Zwar wurden die Fans in New Jersey mit den Cupgewinnen 1995 und 2000 schon etwas befriedigt, doch wenn ein Team sich im Finale befindet, wird es in aller Regel zum Stadtgespräch. Hinzu kam, dass diese Saison fast zeitgleich die New Jersey Nets ebenfalls das NBA-Finale erreichten. Beide hatten die Chance zum ersten Mal in der Geschichte des amerikanischen Profisports in einer Spielzeit zwei Meisterschaften am selben Ort zu feiern. Eine Chance aus dem riesigen Schatten New Yorks herauszutreten und die dummen Witze über New Jersey, die im ganzen Land gemacht werden, zum Verstummen zu bringen. Ein Zusammenhörigkeitsgefühl der vielen einzelnen Städte um die Arena herum hätte entstehen können. Aber nichts dergleichen passierte.
Warum? Das Problem dabei liegt nicht auf dem Eis, sondern in den Bars und den Straßen. Umfragen haben gezeigt, dass auf jeden Interessierten in New Jersey Sieben kommen, denen es egal ist, wer die Meisterschaft gewinnt.

Es gibt einige Erklärungen, warum die Devils und die Nets nicht das Gespräch der Straße sind:

1. Die Arena:
Die Contiental Airlines Arena ist ein steriles, in seinen Möglichkeiten beschränktes Bauwerk aus den frühen 80er Jahren, das viele Besucher als heruntergekommen bezeichnen. Sicher, fast jeder DEL-Club würde sich nach so einem über 17.000 Zuschauer fassenden Stadion die Finger schlecken, doch in Amerika entspricht es schon lange nicht mehr dem anerkannten Standard.
Ein Problem, das bereits erkannt wurde und NHL-Commissioner Gary Bettman höchstpersönlich bezeichnete es als veraltet und unannehmlich. Die Arena verfügt über zu wenige Luxussuiten und -sitze bzw. einem in sich abgeschlossenen VIP-Bereich für die Bessersituierten, sowie über fehlende Stände für Essen oder Merchandise. Es gibt keinen Fan-Shop, der auch außerhalb der Partien Mechandiseartikel verkauft.

2. Der Standort:
Die Arena ist umringt von einem Asphaltmeer und Flüssen von Highways. Sie ist zu Fuß nur beschwerlich von einer Seite und mit öffentlichen Verkehrsmittel nur zeitweise, gerade einmal zu den Spielen vom Busterminal in Manhattan aus zu erreichen.

3. Die Zuschauer:
Anstatt ausgelasteter Sitzplätze aufgrund erfolgreicher Spielweise kamen in der abgelaufenen Spielzeit 2002-03 nur 14.859 Zuschauer im Schnitt, was zugleich nur den 23. Platz von 30 NHL-Teams bedeutet. Im ersten Playoff-Heimspiel gegen Boston blieben 3.622 Sitze leer. Nur dreimal war die Continental Airlines Arena vor den Playoffs ausverkauft. Dem NBA-Team der Nets ging es da mit 15.185 Zuschauern im Schnitt nichts wesentlich besser.

4. Die Eigentümer:
Beide Mannschaften sind Eigentum der YankeeNets, eine Firma, die von New York Yankee Haupteigentümer George Steinbrenner und seinen Partnern geführt wird. Sie streben eine neue Arena in der Nähe der Stadt Newark, bekannt durch den gleichnamigen Flughafen, an, doch sie erhoffen sich zur Finanzierung eine nicht unwesentliche Beteiligung durch die öffentliche Hand. Daran scheitert das Projekt derzeit, doch der Umzug steht im Raum und führt zur mangelnden Unterstützung durch den derzeitigen Standort in East Rutherford. Warum sollen wir ein Team fördern, das daran denkt wegzuziehen, lautet die häufig gestellte Frage.

5. Die öffentliche Struktur:
Die Devils und die Nets gehören zu den wenigen, die kein Stadt- oder Fanzentrum vorweisen können. Durch die Zersplitterung in viele einzelne umliegende Städte gibt es auch zahlreiche politische Strukturen, die nicht an einem Strang ziehen, ihre professionellen Mannschaften zu tragen. Die offizielle Heimat des Stadions ist East Rutherford, aber dessen Einwohner passen von der Anzahl her gesehen zweimal in die Sportstätte.

6. Die Konkurrenz:
Im nördlichen Teil New Jerseys können die länger etablierten New York Rangers und die New York Knicks den Devils und den Nets von je her sehr viel Rang ablaufen, während sich im Süden die Nähe zu Philadelphia bemerkbar macht und sich dort zahlreiche Anhänger der Flyers und der 76er tummeln.

Nicht wenige stellten sich die Frage, wo denn die Stanley Cup Feierlichkeiten mit den Fans begangen werden würden. Eine sonst in anderen Städten übliche Parade war und ist aus den erwähnten Gründen wenig praktikabel. Schließlich wurde erneut der Parkplatz vor der Arena ausgewählt, was bei den externen Betrachtern wieder den üblichen Spott auslöste. Doch Devils Verteidiger und Urgestein der Roten Ken Daneyko brachte es treffend auf den Punkt mit einem großen Seitenhieb auf die naheliegende Konkurrenz: "Lieber feiere ich auf dem Parkplatz als nirgends, so wie in Philly und New York die letzten Jahre." (sth)

ANZEIGE

 

(C) eishockey.com, Sports Media & Entertainment GmbH