NHL-Eishockeymagazin
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nr.67 / jul-aug. 2003 

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TEAMREPORT
 
Stürmische Zeiten am Pazifik
Die Geschichte der San Jose Sharks

von Robin Patzwaldt

George Kingston - erster Coach der Sharks.

Seit 1991 nimmt eine Franchise am Spielbetrieb in der NHL teil, die mit Marco Sturm nicht nur seit Jahren einen der wenigen deutschen NHL-Stars beschäftigt, sondern die durch regen Personalwechsel in den wenigen Jahren ihrer Existenz auch stürmische Zeiten erlebt hat: Die San Jose Sharks.

Hockey war in der Bucht von San Francisco keine Unbekannte mehr, als am 9. Mai 1990 die NHL den Verkäufern der Minnesota North Stars, den Gebrüdern Gund, die Zusage auf eine Franchise im kalifornischen Norden gab.
Neun Jahre lang, bis zu Ihrem Umzug nach Cleveland, war die Region bereits Heimat der Oakland Seals, sowie über die Jahrzehnte hinweg diverser Minor League Teams.
George und Gordon Gund erhielten das O.K. für die kalifornische Franchise quasi als Entschädigung für ihren Verkauf der North Stars.
Die Region schien auch bestens geeignet zu sein. Schließlich hat der Ballungsraum nicht nur 8 Millionen Einwohner, sondern repräsentiert auch gleichzeitig den viertgrößten Medienstandort der USA.

Am 9. September 1990 sickerte durch, dass der Name der neuen Franchise, der durch Abstimmung der Fans ermittelt wurde, "Sharks" lauten würde. Erst eine Woche später verlautbarte der Miteigentümer George Gund, zusammen mit San Joses Bürgermeister Tom McEnery, dass San Jose der Standort der neuen Mannschaft sein würde.
Die Merchandisingartikel der Franchise wurden sofort auf Anhieb zu einem der Verkaufsschlager der Liga.

Die Partien der ersten zwei Spielzeiten mussten zunächst noch provisorisch im 'Cow Palace' in Daly City, kurz hinter der Stadtgrenze von San Francisco bestritten werden, ehe die neue Heimspielstätte in San Jose fertiggestellt war.
50 Millionen Dollar mussten an die NHL als "Aufnahmegebühr" gezahlt werden, um in den elitären Kreis der Spitzenteams aufgenommen zu werden.

Als ihren ersten Trainer verpflichteten die Sharks George Kingston, der bereits über 30 Jahre Hockeyerfahrung verfügte und in Deutschland als späterer Bundestrainer bekannt wurde.

Arturs Irbe

Die Mannschaft nahm am 30. Mai 1991 erste Konturen an, als der Expansion-Draft durchgeführt wurde. San Jose hatte vertragsgemäß Anspruch auf 24 Spieler aus Minnesota, die aber überwiegend aus Nachwuchsspielern und aus dem Farmteam gewählt werden mussten. Unter diesen Auserwählten waren Leute wie Arturs Irbe, Brian Hayward oder auch Rob Zettler.
Zehn weitere Spieler durfte man sich von anderen NHL-Franchises ins Team holen. Unter diesen war Torwart Jeff Hackett. Im regulären Entry Draft des ersten Jahres wählte man u.a. Ray Whitney, Pat Falloon und Sandis Ozolinsh.
Kurz vor Beginn des Trainingscamps verpflichtete General Manager Jack Ferreira in einem Trade mit den Chicago Blackhawks noch den ersten Kapitän der Sharks Doug Wilson.

Der Start des Teams in die Liga verlief allerdings trotzdem alles Andere als wunschgemäß. Es blieb am Ende für das Team vom Pazifik lediglich der letzte Platz in der Smyth Division.
Folgerichtig wurde GM Ferreira bereits im Juni 1992 wieder gefeuert.

Die zweite Saison der Sharks sollte gleichzeitig die Letzte im Provisorium des "Cow Palace" sein. Auch im Verlauf dieser Spielzeit gelang es dem Team aber nicht eine Kehrtwende herbeizuführen. Die Mannschaft war kaum konkurrenzfähig. Negativer Höhepunkt der Saison war eine desaströse 13:1 Niederlage in Calgary. Mit 71 Saisonniederlagen, was bis zum heutigen Zeitpunkt NHL-Ligarekord bedeutet, verewigte man sich schlussendlich sogar in den Geschichtsbüchern.
Nach Saisonende feuerte man demzufolge auch Trainer Kingston. Arturs Irbe, der sich, in seiner Premierensaison in der NHL, zum Liebling der Sharks-Fans aufgestiegen war, konnte in der abgelaufenen Spielzeit lediglich sieben der 33 Spiele, die er im Tor stand, mit einem Sieg beenden.

Weitere Infos zum Team

Besserung versprach man sich dann in der dritten Saison vom Umzug in die neue, die eigentliche, Heimspielstätte der Franchise in San Jose. Die Arena präsentierte sich als echtes Schmuckstück. Die 162, 5 Millionen-Dollar-Anlage verwöhnte ihre Gäste mit 64 Luxussuiten und einem Fassungsvermögen von 17.190 Zuschauern.

Nachfolger des demissionierten Coaches wurde Kevin Constantine, ein 35-jähriger Nachwuchstrainer, der zuvor das Minor-League-Team der Sharks aus Kansas City betreut hatte, und so mit den Gegebenheiten der Franchise bereits vertraut war. Und in der Tat es gelang die Trendumkehr für die Franchise. Mit Hilfe der Russen Sergei Makarov und Igor Larionov, die das Herzstück der ersten Reihe bildeten, ergatterte man den achten Platz im Westen und qualifizierte sich so erstmalig für die Finalrunde.
Dort gelang den Sharks eine faustdicke Überraschung. Man bezwang die favorisierten Detroit Red Wings, gegen die man zuvor von elf Vergleichen nur einmal als Sieger das Eis verlassen hatte, in sieben Spielen.
Obwohl bereits mit 3-2 Siegen vorn, gelang das Kunststück aber anschließend nicht erneut. Gegen die Toronto Maple Leafs musste man sich noch knapp geschlagen geben.

Die neu entdeckte Liebe der Region zu den Sharks wurde aber in der Folgezeit, bedingt durch den Spielerstreik in der NHL bis zum Januar 1995, auf die Probe gestellt.
Die Zwangspause schien dem Leistungsvermögen des Teams kaum geschadet zu haben. Man knüpfte zunächst dort an, wo man zuvor aufgehört hatte. Eine Schwächeperiode zum Ende der Spielzeit nährte die Zweifel, aber schlussendlich zog man erneut in die KO-Runde ein. Nach einem Erstrundensieg über Calgary, war dann die Revanche der Detroit Red Wings von Erfolg gekrönt. Ohne Sieg wurde San Jose diesmal aus dem Rennen geworfen.
Die insgesamt schwache Vorstellung der Sharks wurde etwas abgemildert durch die Vorstellung von Rookie Jeff Friesen, der die Fans beeindruckte. Er wurde als erster Shark in ein NHL All-Rookie-Team berufen.

Die Folgesaison verlief allerdings recht unerfreulich. Die Stützen des Teams schwächelten. Goalie Artus Irbe wurde zu allem Überfluss von seinem eigenen Hund so schwer an der Hand verletzt, dass er lange Zeit aussetzen musste. Die russischen Stars Makarov und Larionov liefen ihrer Bestform weit hinterher. Ozolinsh wurde nach Colorado transferiert. Im Austausch erhielten die Kalifornier Owen Nolan, der das Loch im Sturm schließen sollte. Coach Constantine, der seinen Vertrag erst kurz vorher verlängert hatte, wurde ebenfalls ausgetauscht nachdem der Saisonstart völlig missraten war. Am Ende einer weiteren Reihe von Personalwechseln wurde schließlich Dean Lombardi zum neuen General Manager der Franchise ernannt. Zur Rettung der Saison war es allerdings bereits zu spät. Lediglich Ottawa schloss diese Spielzeit schwächer ab als das Team vom Pazifik. Überraschenderweise waren trotzdem alle 41 Heimspiele der Sharks ausverkauft.

Vor der Saison 1996-97 setze der neue General Manager den konsequenten Umbau des Teams fort. Nahezu sämtliche Stützen der 'alten' Mannschaft wurden ersetzt. Die Verpflichtung von Al Sims als neuen Headcoach zahlte sich nicht aus. Erneut wurde man nur 25. in der Liga.
Im Mai 1997 wurde auch Sims wieder entlassen.

Der frühere Coach der Chicago Blackhawks, Darryl Sutter, sollte das Team in die Spielzeit 1997-98 schicken.
Er begrüßte zum Saisonbeginn Newcomer wie Stephane Matteau, Patrick Marleau und Marco Sturm im Team. Der Erfolg kehrte zurück. Mit 34 Saisonsiegen gelang es dem umgekrempelten Kader auf Anhieb einen Franchiserekord aufzustellen. Erneut konnte man sich, nach zwei Jahren Abwesenheit, für die Playoffs qualifizieren. Dort hatte man allerdings gegen das stärkste Team der Liga, die Dallas Stars, kaum eine Chance und unterlag mit 2-4 Spielen.

Im Folgejahr erging es dem Team nicht besser. 1999 schied man ebenso in der ersten Runde aus, diesmal gegen die Colorado Avalanche.

Owen Nolan.

In 1999-2000 setzte das Team seine Aufwärtsentwicklung fort. Owen Nolan entwickelte sich zu einem Top-Torjäger der Liga. Mit seinen 44 Saisontreffern musste er in dieser Kategorie lediglich noch Pavel Bure den Vortritt lassen. Als Achter der regulären Saison bekam man es allerdings sofort wieder mit einem Hochkaräter in den Playoffs zu tun. Die St.Louis Blues, die in der Vorrunde mit 114 Punkten das beste Team der Liga darstellten, sollten diesmal der Gegner zum Auftakt der Endrunde sein.
In einer spektakulären Serie behielt der Außenseiter aus San Jose knapp die Oberhand. Gegen Titelverteidiger Dallas musste man sich in der zweiten Runde abermals geschlagen geben. Das Team ließ sich davon aber nicht beirren.
Auch in den folgenden Spielzeiten gelang es jeweils die Punkteausbeute nach der Regular Season von Jahr zu Jahr zu verbessern. In den Playoffs blieb der große Beutezug den Sharks aber nach wie vor versagt.

Vor der Saison 2002-2003 hatte sich das Team um Marco Sturm bereits den Ruf eines ernsthaften Titelanwärters erarbeitet. Doch dem offensichtlich noch zu hohen Erwartungsdruck des Umfeldes war die Mannschaft scheinbar nicht mehr gewachsen. Nach Jahren des stetigen Wachstums konnte der Erfolg nicht stabilisiert werden.
Im Gegenteil: Als nach schwachem Saisonstart das Minimalziel Playoffteilnahme ernsthaft in Gefahr geriet, trennte man sich vom Erfolgscoach Sutter. Sein Nachfolger Ron Wilson sollte die drohende sportliche Pleite verhindern helfen. Doch auch ihm gelang es nicht die katastrophale Saison des Teams aus dem Westen zu retten. Schlussendlich verpasste man die KO-Runde sogar sehr deutlich. Einschnitte in den Spielerkader sollten noch für einen Umschwung sorgen. Vergeblich! Führungsspieler wie Owen Nolan, der Kapitän des Teams, und Bryan Marchment wurden transferiert, um der Mannschaft für die Zukunft abermals ein neues Gesicht zu geben. Zum Saisonende wurde schließlich auch Manager Lombardi seines Amtes entbunden, nachdem es zu Querelen innerhalb des verbliebenden Kaders gekommen war.

Bleibt abzuwarten wie lange der Neuaufbau des Teams diesmal dauern wird und ob die Sharks bald schon wieder die Kraft haben werden, um ordentlich zu zubeißen.... (rp)

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