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nr.66 / jun. 2003 

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TEAMREPORT
 
Die Macht aus der Höhe
Die Geschichte der Colorado Avalanche

von Robin Patzwaldt

Montreal-Legende Jean-Claude Tremblay war die erste Verpflichtung der Nordiques.

Eine weitere Franchise, die bereits einen Standortwechsel hinter sich hat, ist die Colorado Avalanche. Die Wurzeln des Teams liegen hoch im kanadischen Norden, in Quebec.
Im Jahre 1971 war man eines der zwölf Gründungsmitglieder der WHA, einer ehemaligen Konkurrenzliga zur NHL. Sechs Geschäftsleute aus Quebec erwarben die Franchiserechte, die eigentlich für San Francisco vorgesehen waren. Das Team, das unter dem Namen "Nordiques" (was übersetzt in etwa "Männer aus dem Norden" heißt) an den Start der neuen Liga gehen sollte, stand in ständiger Rivalität zum Nachbarn aus Montreal, den Canadiens.
Dies erwuchs unter anderem auch schon aus der Tatsache, dass der erste Spieler, der einen Vertrag bei der neuen Franchise unterzeichnen sollte, ausgerechnet Montreal-Legende Jean-Claude Tremblay sein sollte. Maurice Richard wurde der erste Coach der jungen Organisation. Bereits wenige Tage nach der Auftaktniederlage gegen die Cleveland Crusaders erkannte Richard jedoch selbst seine Fehlbesetzung auf dem Trainerposten und trat zurück.

Kurz darauf wurde Hall-of-Fame-Mitglied Jacques Plante zum General Manager der Kanadier ernannt. Die Verstrickungen zu den Montreal Canadiens vermehrten sich weiter, als das Duo Marc Tardif und Rejean Houle, die Top Draft-Picks des Jahres 1969,vom Lokalrivalen verpflichtet werden konnten. Das Nordiques-Team, dass eine Mischung aus Veteranen und Minor-League-Spielern darstellte, machte Quebec sofort zu einem konkurrenzfähigen Ligateam in der WHA. Das heimische 'Le Colisee' war eine der best besuchten Arenen der Liga.

Junge, aufstrebende Talente der Region hatten plötzlich eine Alternative zu den Canadiens, wenn der Draft anstand.

Bereits in ihrer dritten Saison griffen die Nordiques nach dem Titel in der WHA. Im Finale um den 'Avco Cup' unterlag man jedoch 1975 gegen die Houston Aeros.

Zwei Jahre später investierte eine lokale Brauerei 2 Millionen Dollar in das Team und so konnte Rookie Coach Marc Boileau das Team noch entscheidend verstärken. Der Titel konnte nun gesichert werden. In sieben Spielen bezwang man die Winnipeg Jets um Bobby Hull.

Während der Saison 1978-79 wurde bekannt, dass vier Teams der WHA die Chance erhalten würden sich der NHL anzuschließen, darunter auch die Quebec Nordiques. Diese Gelegenheit ließ man nicht ungenutzt verstreichen und wechselte kurzerhand die Liga.

Peter Stastny, Teamkapitän und Rekordeinhaber bei den Nordiques.

Bereits während des Jahres 1981 deutete das Team an, dass es zu Großem fähig sein könnte. Die weitsichtigen Draftentscheidungen und Verstärkungen, überwiegend aus Europa, begannen Früchte zu tragen. Vor allem die Stastny-Brüder, Peter und Anton, wurden zu Stars. Beiden gelangen 39 Saisontore, wobei sich Peter besonders hervortat in dem er 70 Assists beisteuerte, und so, mit 109 Punkten, die Calder Trophy gewinnen konnte.

Allgemein genossen die Nordiques den Ruf als aufstrebende Macht der Liga. Nach dem ersten Aufeinandertreffen mit dem alten Konkurrenten aus Montreal in der NHL entwickelte sich die Serie der beiden Teams gegeneinander zu einem echten Klassiker. Dies wurde natürlich dadurch unterstützt, dass sich beide Mannschaften auch noch in der gleichen Division (der Adams Division) befanden. Packende Duelle waren in den Wintern jeweils vorprogrammiert.

Zwischen 1979 und 1995 traf man alleine in der Regular Season 113 mal aufeinander. Die Canadiens konnten davon 62 Duelle für sich entscheiden. Quebec gewann 39 Spiele. Fünf mal begegnete man sich in diesem Zeitraum auch in den Playoffs. Drei Mal siegte Montreal (zwei Mal gewann man anschließend sogar den Stanley Cup), die Nordiques verließen das Eis zwei Mal als Sieger der Serie. Den ganz großen Triumph konnten die Blau-Weißen dabei freilich nicht feiern.

Aus der Zeit des Teams in Quebec bleibt natürlich auch noch das Drama um die Verpflichtung von Eric Lindros im Jahre 1991 in Erinnerung. Lindros, der Top-Draft der Nordiques, weigerte sich schlicht für das Team aktiv zu werden. Nach einer wahren Schmierenkomödie, die vor Gericht endete, wurde Lindros schließlich nach Philadelphia transferiert, was sich aber nicht unbedingt zum Nachteil seines verschmähten Teams erweisen sollte. Im Austausch erhielten die Kanadier nämlich die Stürmer Peter Forsberg, Chris Simon und Mike Ricci, sowie die Verteidiger Kerry Huffman und Steve Duchesne, desweiteren Torwart Ron Hextall und Draft Picks (realisiert wurde u.a. im Nachhinein Jocelyn Thibault), sowie die nicht unerhebliche Bargeldsumme von 15 Millionen Dollar!

Viele dieser Neuzugänge entwickelten sich prima und haben ja auch heute noch ihren Stellenwert in der Liga. Am 1. Juli 1995 gaben die Verantwortlichen jedoch, zum Entsetzen der Fans, bekannt dass man die aufstrebende Franchise an die 'Comsat Entertainment Group' verkauft habe, ironischer Weise war es genau am Kanadischen Nationalfeiertag, denn die neuen Eigentümer planten die Umsiedlung des Teams in das finanzstärkere, 1600m hoch gelegene Denver in Colorado/USA.

Die neue Heimat des Teams aus dem hohen Norden hatte bereits reichlich Erfahrung mit dem professionellen Hockeysport gesammelt. Nicht nur, dass es diverse Minor League Teams beheimatete, bis 1982 war dort auch schon einmal ein NHL-Team beheimatet, die Colorado Rockies, die nach New Jersey transferiert wurden und dort seither unter dem Namen "Devils" aktiv sind.
Die Stadt schien also gut gerüstet, der neuen 'Colorado Avalanche' (Avalanche = Lawine, wegen der unmittelbaren Nähe zur Bergwelt der Rocky Mountains) eine gute Heimat zu bieten. Ein hockeybegeistertes Publikum und die entsprechende Wintersporttradition waren dort vorhanden.

Weitere Infos zum Team

Selten genug ist ja auch ein Team, direkt nach seinem Ortswechsel, sofort ein ernsthafter Titelanwärter der NHL gewesen.
Eine wichtige Verstärkung für das Team konnte am 5.Dezember 1995 realisiert werden. Und erneut spielten die alten Gefährten aus Montreal dabei eine entscheidende Rolle. Patrick Roy und der Kapitän der Canadiens Mike Keane konnten von General Manager Pierre Lacroix verpflichtet werden. Im Austausch verließen Torhüter Jocelyn Thibault und die Stürmer Andrei Kovalenko und Martin Rucinsky das Team aus der 'Mile-High-City'. Verteidiger Uwe Krupp, der von der Nachricht aus dem Autoradio erfuhr, war sofort begeistert: "Jetzt haben wir eine reelle Chance auf den ganz großen Wurf!"

Am 10. Juni 1996, nicht mal ein Jahr nach dem Standortwechsel des Teams, war es dann auch soweit: Uwe Krupp besiegelte mit seinem Schlagschuss in der 3.Overtime des 4. Finalspiels das Schicksal des Überraschungsfinalisten Florida Panthers, und sicherte dem Team von Coach Marc Crawford den ersten Stanley-Cup-Triumph!

Mit Hilfe von Spielern wie Joe Sakic, Patrick Roy, Peter Forsberg, Sandis Ozolinsh oder Valeri Kamensky gelang es auch die Folgesaison erfolgreich zu absolvieren. Die Presidents-Trophy im Jahre 1997 ging an Denver. Allerdings scheiterte man in den Playoffs am Rivalen aus Detroit, der sich auch den Cup in dieser Saison sichern können sollte.

Im Jahr darauf gab es einer ernüchternde Erstrundenniederlage in der KO-Runde gegen die Außenseiter aus Edmonton, in deren Folge u.a. auch Erfolgscoach Crawford seinen Hut nehmen musste.

Auch nach dem Wechsel in die "Northeast Division" blieb das Team in der Vorrunde aber erfolgreich und sicherte sich 1999 bereits den fünften Divisions-Titel in Serie. Auch gelang es wieder die Playoffhürde Detroit zu nehmen. Doch diesmal war der angehende Titelträger, Dallas Stars, die Endstation in einem packenden Conference-Finale über sieben Spiele.

Im Folgenden wechselte die Franchise abermals die Eigentümer. Doch der neue Eigentümer 'Liberty Media' veräußerte das Team bereits wieder kurz darauf an die Wal-Mart Inhaber, Familie Kroenke.
Ebenfalls im Jahr 1999 erfolgte noch der Umzug in das hochmoderne und neu errichtete Pepsi-Center.

Am 6. März versuchten die neuen Eigentümer dem bis dato leicht enttäuschendem Team einen Schub zum Titel zu verleihen, indem man NHL-Veteran Ray Bourque aus Boston nach Denver holte. Bourque, der noch keinen Stanley-Cup-Titel gewonnen hatte, bat in Boston um den Transfer, da er mit den Bruins erneut keine Titelchance sah. Im ersten Anlauf mit Bourque scheiterte die Mission in Colorado allerdings noch. Zum zweiten Mal in Folge musste man sich den Dallas Stars in sieben Spielen geschlagen geben.

Ray Bourque mit dem Cup am Ziel seiner Träume.

Bourque verlängerte sein Engagement bei der Avalanche jedoch noch einmal um ein weiteres Jahr. So leicht wollte er seinen letzten großen Traum zum Ende seiner großen NHL-Karriere dann doch nicht aufgeben. Und tatsächlich sollte er belohnt werden. Im Jahr 2001 gelang es der Franchise sich bis in das Stanley-Cup-Finale gegen den Titelverteidiger aus New Jersey vorzukämpfen und am Ende sollte die "Mission 16-W", wie die Finalserie im Volksmund genannt wurde, dem Team gelingen (Ein Wortspiel: Man benötigt 16 Siege zum Titelgewinn in den Playoffs, gleichzeitig heißt auch die Autobahnausfahrt am Stadion in New Jersey 16-W).

Bourque war bei dem emotionsgeladenen Siegesjubel in Denver der gefeierte Mann. Er beendete folgerichtig seine Karriere. Sogar in seiner eigentlichen Hockeyheimat Boston benannte die Stadt nach dem Karriereende des langjährigen Kapitäns eine Straße ihm zu Ehren.

Die nach dem Erfolgsjahr ausgebrannte Mannschaft verschlief in der Folgesaison zunächst den Start, konnte sich aber schlussendlich erneut in der Division durchsetzen. Unter Coach Bob Hartley scheiterte man in den Playoffs allerdings wieder einmal vorzeitig an den Detroit Red Wings und versäumte es so in das Stanley-Cup-Finale gegen den krassen Außenseiter aus Carolina einzuziehen. Die Red Wings ließen sich diese Chance nicht entgehen und sicherten sich relativ ungefährdet ihren nächsten Titel.

Die Saison 2002-03 begann für die Avalanche abermals schleppend. Erfolgscoach Bob Hartley musste Ende des Jahres 2002 seinen Hut nehmen und wurde durch seinen Stellvertreter Tony Granato ersetzt, denn schließlich wollte die Franchiseführung die historische Chance als erstes NHL-Team neun Divisionstitel in Folge zu erreichen nicht gefährden. Der überraschend starke Konkurrent aus Vancouver drohte zu enteilen.

Doch auch unter Granato waren die Leistungen der Mannschaft zunächst eher durchwachsen. Erst am letzten Spieltag gelang es den lang ersehnten Führungswechsel in der Tabelle der Division herbeizuführen, da der Konkurrent aus Vancouver überraschend sein Heimspiel verlor.
Trotzdem hat die Avalanche mit ihren neun Divisionstiteln in Folge natürlich Großes erreicht.

In den Playoffs 2003 liess man sich bereits in der Auftaktrunde von den erstmals in der Finalrunde vertretenen Minnesota Wild düpieren. Obwohl bereits mit 3-1 Siegen in Front, verlor die Avalanche drei Spiele in Folge und damit auch völlig überraschend die Serie mit 3-4.
Dennoch gilt weiterhin die Aussage von Avs Torwart David Aebischer: "Die Avalanche sind einfach ein Team mit dem du in jedem Jahr eine echte Chance hast den Stanley-Cup zu gewinnen".

Das wird auch in der nächsten Saison wieder der Anspruch der Mannschaft sein.... (rp)

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