NHL-Eishockeymagazin
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nr.63 / apr. 2003 

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ESSAY
 
Die wichtige Rolle des Kapitäns

von Stefan Herget

Mark Messier - Sinnbild eines Kapitäns

Der Vorname von Mark Messier ist nicht 'Captain'. Es sieht nur so aus. So brilliant Messier auf dem Eis war - er wird seine Karriere wohl in den Top Fünf in der Kategorie erzielte Tore und erreichte Punkte beenden - ihn wird man immer aufgrund seiner unbestrittenen Führungsqualitäten mit der Rolle des Kapitäns verbinden.
Nicht jeder kann das 'C' tragen. Es gibt seit der Einführung der NHL 1916-17 nur ungefähr 400 Spieler, die den Kapitänsposten auf Dauer inne hatten. Verteidigerlegende Bobby Orr zum Beispiel war nie einer. Weder Star Guy Lafleur noch Bobby Hull, Mike Bossy oder Macel Dionne hatten jemals das 'C' auf der Brust. Aber Messier hat es verfolgt. Seit der Spielzeit 1988-89 als Wayne Gretzky Edmonton verließ, trägt die Nummer 11 ununterbochendie Kapitänswürde und das obwohl er zwischendrin drei Mal die Mannschaft wechselte.
Nicht immer sind es die Superstars, die als Mannschaftsführer im Rampenlicht stehen. Terry Ruskowski, der in seiner Laufbahn so manche Station durchmachte, bekam auch an drei verschiedenen Orten die Würde übertragen. Nicht schlecht für einen Aktiven, der in zehn NHL Spielzeiten nur 113 Tore markierte.
Die Fähigkeit Kapitän zu sein, kann auch zur Familienangelegenheit werden. Beide Richard Brüder bekamen in Montreal die Ehre und die vier Sutter Brüder jeweils in verschiedenen Franchises. Selbst eine Vater-Sohn Vererbung spiegelte sich schon in Gordie Howes Sonderrolle bei den Detroit Red Wings und seinem Sohn Mark bei den Hartford Whalers wider.

Es gibt Kapitäne natürlich ebenso in den anderen amerikanischen Major Ligen, doch ähnlich wie im Fußball nimmt das Kapitänsamt im Eishockey einen besonderen Stellnwert ein. Derjenige der es ausübt, ist auf und neben dem Eis Mannschaftsführer und -sprecher zugleich. Er sollte Herz haben und die Fähigkeit besitzen herzlos zu sein. Die Arbeitsbeschreibung reicht von Spielern Feuer zu machen, die weit hinter den Erwartungen zurück bleiben bis zu neuen Mannschaftskollegen zu helfen, sich schneller zurecht zu finden. Er ist Psychologe, Sozialarbeiter, eine Brücke zwischen Team und Management, sowie nicht zuletzt Spieler. Ein Kapitän ist ein Kommunikator der Mannschaft, ein Kritiker, ein Richter und ein Berater zugleich. Das 'C' sollte für den Respekt des Teams und des Trainers Anerkennung stehen.

Einige Dinge haben sich über die Jahre hinweg natürlich verändert. Eine zunehmende Zahl an Mannschaften haben junge Spieler zu Spielführern gemacht. Tampa Bay begann vor zwei Jahren mit der Auswahl des damals 20-jährigen Vincent Lecavalier als Nachfolger des verdienten Chris Gratton, der getradet worden war, diesen Trend. Mittlerweile ist es kein Tabu mehr ebenso wenig wie komplett neu erworbene Spieler sofort das Amt zu übertragen. Der erste Fall in dieser Richtung verzeichnete die Liga 1991, als Messier aus Edmonton kommend das 'C' praktisch schon beim Aussteigen aus dem Flugzeug in New York inne hatte.
Kapitäne spielen ihren Einfluss in unterschiedlicher Weise aus. Messier ist zum Beispiel sehr von seiner Ausstrahlung, die von ihm ausgeht, abhängig. Wohlwissend dieser Tatsache, hatte er einst in New York eine Umgestaltung der Kabine gefordert, dass er stets im Mittelpunkt stehe. Andere Führungspersönlichkeiten wie Detroits Steve Yzerman und Colorados Joe Sakic machen ihre Arbeit mehr im Verborgenen. Was immer sie erreichen wollen, der Weg der zum Ziel führt, ist letztendlich egal.
"Das Einzige was an einem Kapitän zählt ist, dass man jemanden möchte, der sich wirklich um das Team und die Organisation kümmert", betont Columbus Blue Jackets Präsident und General Manager Doug MacLean. Für MacLean war dieser Mann Lyle Odelein, der vor dem allerersten NHL-Spiel der neuen Franchise zum Blue Jackets Oberhaupt benannt wurde. "Ich weiß, das ist eine große Verantwortung, aber das ist etwas, was ich möchte", sagte Odelein damals.

In seiner Ära wurde jedoch keiner mehr mit dm 'C' in Verbindung gebracht wie Mark Messier, der 1988 in Edmonton erstmals Kapitän wurde, als Gretzky nach Los Angeles ging. Er blieb es trotz seiner Wechsel 1991 zu den New York Rangers, wo er vor seinem ersten Heimspiel im Oktober offiziell benannt wurde, 1997 zu den Vancouver Canucks und seiner Rückkehr an den Broadway im Jahr 2000. Der mittlerweile 42-jährige in Edmonton geborene Kanadier gehörte Anfang der 90er Jahre bei seinem ersten Engagement in Manhattan zur Elite der NHL, aber bei seiner Verpflichtung vor knapp drei Jahren wussten die Blueshirts genau, dass er schon lange kein 100 Punkte Scorer mehr war. Sie wollten einen perfekten Führer, der das Team wieder so zusammenformte, wie es bis zu seinem Abschied 1997 war.
Mike Keenan, der als Trainer Messier und die Rangers 1994 zum Stanley Cup führte, sagt über den Center, dass er der größste Führer im professionellen Sport sei und ihm keiner dabei Konkurrenz machen kann. "In jeder Form des Wettbewerbs ist er der perfekte Führer", unterstreicht der langjährige Rangers Goalie Mike Richter die Aussage Keenans.
Messier zeigte seinen Einfluss auch in diesem Sommer, als er vor seiner eigenen Unterzeichnung, während seines Urlaubes Gespräche mit Free Agents führte, um diese zu Wechseln nach New York zu überreden. Bobby Holik betonte, dass dies mit entscheidend für seine Wahl war. "Als ein Spielführer, glaube ich, dass es wichtig ist, dass die Spieler wirklich wissen, wer du bist und für was du eintrittst, an was du glaubst und dass du konsequent bist, wenn die Angelegenheiten gut oder schlecht laufen", umschreibt Messier die Charaktere des Mannschaftsführers. "Du musst wirklich zu jeder Zeit konsequent sein, in deinem Glauben und deiner Philosophie."
"Marks Lebensaufgabe ist anderen zu helfen, besser zu werden", sagt Brian Leetch, der bei der Vertragsunterzeichnung Messier sein Trikot mit der 11 und dem C überreichte und damit das Kapitänsamt freiwillig wieder abgab. Ein weiterer Befürworter Messiers ist der jetzige Flyers Stürmer Tony Amonte, der in den frühen 90er Jahren während der ersten Regentschaft des Kanadiers in New York spielte und dessen Qualitäten einschlägig studieren konnte. "Mark ist der beste Kapitän, der jemals dieses Spiel gespielt hat", äußert sich Amonte, der im März 1994 nach Chicago transferiert wurde. "Er findet einen guten Weg, jedem im Team glaubhaft zu machen, dass er wichtig ist. Jeder glaubt daran, dass er eine Schlüsselposition im Mannschaftspuzzle hat. Er hat eine Aura. Er kommt in die Kabine und die Jungs sind bereit ihre Arbeit zu tun. Er hatte einen großen Einfluss auf mich. Er hat mir gezeigt, wie man in der NHL spielen muss."

Steve Yzerman - der dienstälteste Kapitän

Messier steht aufgrund seiner Extravaganz häufiger im Mittelpunkt und ist daher bekannter, doch der Kapitän, der am längstem im Amt ist, spielt für die Detroit Red Wings und heißt Steve Yzerman. Er war gerade 21 Jahre alt und damit zu diesem Zeitpunkt der Jüngste aller Zeiten, als er 1986 die Würde übertragen bekam. Er ist in der 17ten Saison Führer der Red Wings Mannschaft, so lange wie noch keiner vor ihm in der NHL Geschichte. Der heute 37-jährige Kanadier hat seine Fazination für junge Spieler nicht verloren. Lecavalier, der 2000 in Tampa Bay der jüngste NHL-Kapitän wurde, will auch wie Yzerman werden und sieht ihn als großes Vorbild. "Ich war immer davon begeistert, was Steve Yzerman in Detroit geleistet hat", sagt Lecavalier, der die Nummer 4 im Gedenken an einen anderen großen Kapitän, dem früheren Canadiens Akteur Jean Beliveau, trägt. "Steve war immer auf und abseits vom Eis großartig. Jeder Spieler wäre stolz, wie er zu sein."
Bis dahin muss der junge Stürmer aber noch einige Erfahrungen sammeln. "Es ist kein Problem mit dem Alter", entgegnet Lecavalier. "Ich bin nicht der Typ, der in der Kabine seinen Stock gegen die Wand schlägt, wenn es nicht läuft. Ich führe, indem ich hart arbeite und ein gutes Beispiel bin. Die Chemie muss außerdem stimmen. Meine Aufgabe ist es auch das Team zusammen zu bringen - nicht nur auf dem Eis, ebenso abseits. Wir haben zum Beispiel gemeinsame Abendessen, um alles von jedem zu erfahren. Das ist genauso wichtig."
New York Islanders Kapitän Kenny Jonsson stimmt dem zu, dass die Arbeit des Mannschaftsführers nicht auf dem Eis endet, besonders für ein junges Team. "Der Kapitän versucht sich immer zu vergewissern, dass alles auch abseits des Eises passt. So musst du immer ein gutes Vorbild sein, zum Beispiel nie zu spät kommen oder anderen zeigen, wie das und das geht."

Die Verjüngung bei den Spielführern in der heutigen Zeit, zeigt die Statistik, dass sechs der zehn jüngsten Kapitäne in der NHL-Geschichte derzeit noch akiv sind. Keiner dieser Zehn wurde vor 1978 ernannt. Doch das Alter dürfte wenig entscheidend sein, wenn jemand gut führen kann. Wichtig sind die Einstellung, das vorbildliche Verhalten und die Fähigkeit eine Mannschaft mitzureißen. Aber wie gut auch immer ein Teamkapitän sein mag, der Schlüssel dürfte sein, herauszufinden, wie man die Kollegen dazu bringt, einem zu folgen. (sth)

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