NHL-Eishockeymagazin
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nr.60 / jan. 2003 

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Bericht
 
Die Männer, deren Stimmen man kennt
Michael Haynes und Norm Jones vom Avs-Radio

von Stefan Herget
 

Mike Haynes(li.) und Norm Jones(re.) vom Avs-Radio präsentieren auf ihrem Laptop 'Eishockey.com'.
"He's the great", schallt seine Stimme via Internet-Radio in die ganze Welt, wenn Peter, der Große, wie Colorados Stürmer Peter Forsberg gerne genannt wird, ein Tor erzielt. Michael Haynes ist Sportkommentator bei der Colorado Avalanche und erfüllt die Übertragungen der Spiele des Teams aus Denver im Sportradio 'The Fan AM 950' mit Leben. Sein Partner Norm Jones führt die Berufsbezeichnung Radio Analyst und hat die Aufgabe, vor, während und nach dem Spiel alles - Statistiken, Tabellen, Spielverlauf usw. - zu analysieren und auszuwerten. Im Zusammenspiel bringen die Beiden alle Avs-Partien via Internet NHL-Radio den Fans in aller Welt live ins Haus. Für viele ist dies der einzige Weg Liveinformationen, verknüpft mit viel Spannung und Stimmungen, aus der NHL zu bekommen. Egal zu welcher Tages- und Nachtzeit, die sich aufgrund der Zeitverschiebung ergibt, klicken sich die Fans ein und hören ihnen zu. Grund genug einmal die Männer hinter den Stimmen vorzustellen und etwas Einblick zu gewähren, über die Arbeitsweise beim professionellen Sportradio.

Michael, auch kurz Mike genannt, Haynes ist seit dem Wechsel der Franchise von Quebec nach Colorado 1995 die Stimme der Colorado Avalanche. In acht Jahren hat er kein einziges Spiel der Mannschaft verpasst, sei es daheim oder auswärts, ob bei Siegen oder Niederlagen, Haynes war stets am Mirkophon und berichtete den Fans, die nicht ins Stadion gekommen waren, über die Geschehnisse auf dem Eis. Wenn man ihm zuhört merkt man, dass er äußerst leidenschaftlich bei der Sache ist. Sein Torschrei bei wichtigen Treffern seines Teams, vor allem in den Playoffs gehört zweifelsohne zu den Besten der Liga. Als Auszeichnung für sein Talent wurde er 1999-2000 von der amerikanischen Zeitschrift 'Westword Magazine' zum besten professionellen Sportkommentator gewählt.
Der gebürtige New Yorker Haynes, der in seiner Freizeit gern selbst die Schlittschuhe schnürt, hatte seine Karriere bereits während seiner Collegezeit in der Bostoner Northeastern University bei Übertragungen der Partien der Huskies Universitätsmannschaft begonnen. Seit 1989 arbeitete Haynes regelmäßig im professionellen Eishockey. Zunächst war er ein Jahr bei den Baltimore Skipjacks beschäftigt, ehe er drei Spielzeiten Begegnungen des AHL-Teams Capital District Islanders kommentierte. Bevor er nach Denver umzog, um ein Jahr als Public Relation Direktor und Sportkommentator für das Farmteam der Denver Grizzlies zu arbeiten, legte Haynes 1993-94 noch Zwischenstation bei den Utica Bulldogs ein.
Während seiner Zeit bei der Avalanche erweiterte der vielseitige Reporter, der verheiratet und Vater einer zweijährigen Tochter ist, ständig sein Repertoire. So verfügt er mittlerweile Erfahrungen beim Baseball oder dem Roller Hockey und hat sich auch schon auf dem Gebiet des Fernsehjournalismus betätigt, indem er Berichte rund um die Playoffs 1999, 2000 und 2001 für die bewegten Bilder produzierte. Selbst Fußball ist ihm kein Fremdwort, denn in den letzten vier Sommer kommentierte er die Spieler der Denver Rapids aus der Major League Soccer.

Norm Jones ist der Ältere von beiden und verfügt über wesentlich mehr Erfahrung. Seit drei Jahrzehnten ist Jones Fachmann in Sachen Sportradio. Trotzdem hat der dreifache Familienvater und zweifache Großvater sein komplettes Leben im Bundesstaat Colorado verbracht. Auch er arbeitet wie sein Kollege Haynes seit dem Beginn der Colorado Avalanche 1995 für die Franchise. Die Beiden ergänzen sich bei ihren Übertragungen sehr gut.
Jones' Karriere begann bereits 1970 in Colorado Springs, wo er über drei Spielzeiten hinweg mehrere Aufgaben rund um die Radio- und Fernsehübertragungen für das Colorado College Eishockey Team übernahm. Genau so lange dauerte sein anschließendes Engagement bei den Denver Spurs, die damals in der Central Hockey League und der World Hockey Association mitspielen, ehe sie sich 1976 auflösten. Um nicht die Stadt wechseln zu müssen, wechselte Jones die Sportart und arbeitete darauf folgend für das NFL-Team der Denver Broncos und die Footballmannschaft der Universität von Colorado. 1979 erhielt er eine Anstellung bei den Colorado Rockies in der NHL.
Als diese jedoch 1982 nach New Jersey gingen, blieb Jones in Denver und verbrachte die nächsten 13 Jahre damit, der Universitäts Eishockeymannschaft der Denver Pioneers seine Stimme zu verleihen. Den Sommer über beschäftigte Jones sich mit Übertragungen von Baseballspielen der Denver Zephyrs, ehe er 1994 ebenfalls bei den Denver Grizzlies anheuerte und ein Jahr später zurück in die NHL kam.

M.Haynes: '... anstatt mitzuspielen, habe ich lieber kommentiert.'
Zwei bewegte Karrieren auf dem Weg Sportreporter eines NHL-Teams zu werden. "Ich habe die beste Arbeit auf der Welt", bemerkt Michael Haynes, als ich ihn frage, ob er Spaß an seiner Arbeit hat. "Jeden Morgen wache ich mit einem Lächeln auf." Doch gibt es nicht auch Einschränkungen im privaten Bereich hinzunehmen? "Ich habe einen tollen Job", erwidert er erneut, doch schränkt so gleich ein: "Aber natürlich da ist zum Beispiel Thanksgiving. Ein großes Familienfest in den USA und ich muss dieses Jahr um 13 Uhr nach Minnesota fliegen, weil die Avs am nächsten Tag dort spielen. Ich werde meinen Truthahn wohl zum Frühstück essen müssen. Es ist hart, besonders weil ich eine junge Familie habe, aber sie akzeptieren es, dass das dazu gehört." Ein Umstand, der sich leicht verkraften lässt, wenn es der Kindheitstraum war, Sportkommentator zu werden und man sich diesen erfüllen konnte. "Schon als kleiner Junge war ich immer am Rand gestanden und habe anstatt mitzuspielen, lieber das Spiel meiner Freunde kommentiert", erzählt Michael und seine Freude, dass er es geschafft hat, seinen Traum zum Beruf zu machen, ist ihm im Gesicht abzulesen.

Sein Tag beginnt morgens mit dem Studium der Zeitungslektüre. Gegen 10 Uhr macht er sich dann auf den Weg zum Pepsi Center, wo er sich beim Morning Skate mit Kollegen und seinem Partner Norm Jones trifft. Zeit, noch ein paar Gerüchte und Informationen auszutauschen, Spieler zu befragen, sich nach möglichen Verletzungen zu erkundigen oder dem Trainer bei der Pressekonferenz zuzuhören. Außerdem werden schon erste Statistikinformationen zum Spiel des Abends ausgeteilt, die man am Nachmittag noch ausführlich studieren kann. An spielfreien Tagen begibt er sich zum Trainingsgelände, das in Englewood, ca. 20 Kilometer südöstlich von Denver gelegen ist und wo das Team einmal am Tag trainiert.
Wenn gespielt wird, heißt es um 17 Uhr, also zwei Stunden vor Spielbeginn zurück im Stadion zu sein. Erste Besprechung mit Norm Jones über die heutige Partie und den Ablauf der Übertragung. Außerdem werden die ersten Fan-Emails mit Fragen gecheckt, die unter talkavs@pepsicenter.com den Beiden gestellt werden können. Anschließend wird in den Katakomben das Abendessen eingenommen, zu dem sich alle Pressevertreter in der Press Longue einfinden.

Norm, Marc Moser und Mike(v.li.) während der Nachberichterstattung.
Eine halbe Stunde vor dem Beginn der Begegnungen beginnt mit der Vorberichterstattung die eigentliche Arbeit, die inklusive Nachberichterstattung gut vier Stunden dauert. Während Norm die Spieler in der Kabine zum Ausgang und ihrer Analyse des Spiels befragt, begibt sich Mike zum Studiomoderator Marc Moser, der die komplette Show interessanterweise aus dem Blue Sky Grill, einem dem Pepsi Center angeschlossenen Restaurant, in dem reger Betrieb herrscht, begleitet und die Zuhörer immer mit den aktuellen Ergebnissen und Meldungen aus den vier amerikanischen Profiligen versorgt. Scheinbar unbeeindruck von dem Trubel um sie herum, diskutieren die drei - Norm findet sich wenig später ebenfalls ein - über die vergangene Partie und die Situation der NHL insgesamt an einem Tisch vor dem Kaminfeuer der rustikal eingerichteten Speisegaststätte.

Leider sind dann nur noch die Zuhörer im Bundesstaat Colorado in der Lage Haynes, Jones und Moser zu verfolgen, denn seit dieser Saison wird beim Internetradio regelmäßig die Verbindung direkt nach dem Spiel getrennt, so dass es nicht mehr möglich ist, die interessante Nachberichterstattung zu verfolgen. Eine Anfrage meinerseits bei der NHL hat ergeben, dass dies von den Teams so gewünscht wurde und laut Auskunft des NHL-Beauftragten Brian Hamilton diese Entscheidung nicht im Interesse der NHL war. Die Fans aus aller Welt müssen sich wohl damit abfinden. (sth)

INTERVIEW

Eishockey.com: Wie hast du diesen Job bekommen?

Mike Haynes: (lacht) Das verrate ich dir lieber nicht, das ist mein Geheimnis, sonst kommt jemand und nimmt ihn mir weg. Nein, Spaß beiseite, ich war 1994 beim Farmteam Denver Grizzlies engagiert und als die Nordiques nach Denver wechselten, bekam ich das Angebot. Ich habe sofort zugesagt. Seit ich ein Kind war, wollte ich NHL kommentieren.

Eishockey.com: Reist ihr mit dem Team zu Auswärtsspielen?

Mike Haynes: Ja, die Avalanche chartert immer eine eigene Maschine, in der dann auch der komplette Anhang Platz findet.

Eishockey.com: Wie viele Leute auf der ganzen Welt hören euch eigentlich zu?

Mike Haynes: Wir haben keine genauen Zahlen. Es gibt zwar Erhebungen, wie viele NHL-Radio hören, aber von wo die sich einklinken kann keiner sagen. Wir sehen es nur an den Emails, die wir erhalten. Da waren in den letzten Jahren mindestens 50 verschiedene Länder dabei. Selbst solche, von denen man es weniger erwartet, wie Brasilien oder Costa Rica, aber auch viele Schweden, Finnen, Schweizer und auch Deutsche. Es ist schon beeindruckend.

Eishockey.com: Ist es nicht unheimlich schwierig die Schnelligkeit und Fazination des Eishockeys im Radio herüberzubringen?

Mike Haynes: Man muss einfach voll bei der Sache sein, dann merkt der Hörer, wie man mitgeht und er lässt sich selbst von seiner Phantasie anstecken, ohne dass er es dazu sehen muss. Das kann manchmal reizvoller sein als Fernsehen und für den Kommentator ist es eine wichtige Aufgabe den Hörer an den Punkt hinzubringen.

Eishockey.com: Das wird von euch auch erwartet, schließlich stehen die Leute in Europa mitten in der Nacht auf, um zuzuhören.

Mike Haynes: Ich kann es nur wiederholen. Es faziniert mich, was mit dieser Technik alles möglich ist und mit welcher Begeisterung manche Leute dabei sind. Ich ziehe den Hut davor. Eishockey ist ein wundervoller Sport und wir können ihn hoffentlich gut vermitteln.

Eishockey.com: Vieles wird kommerzialisiert. Es gibt Befürchtungen, dass die NHL das Radio ebenfalls gebührenpflichtig macht. Was hältst du davon?

Mike Haynes: Ich hoffe sie tun es nicht. Ich glaube Eishockey ist ein weltweiter Sport, mehr als Football und Baseball. Es muss populär bleiben auf der ganzen Welt und niemand sollte etwas unternehmen, um diese Entwicklung einzudämmen, weil es vielleicht ein paar Dollar zu verdienen gibt. Viele Leute werden schließlich darauf verzichten und nicht bezahlen, so geht etwas verloren. Außerdem ist Radio ein freies Medium und das sollte es bleiben.

Eishockey.com: Vielen Dank Michael und weiterhin alles Gute.

Mike Haynes: Es war mir ein Vergnügen und viele Grüße an die Leser von Eishockey.com.

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