NHL-Eishockeymagazin
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nr.57 / okt. 2002 

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SAISONVORSCHAU
 
Der Westen bleibt vorn

von Markus Schäffler

Am 9. Oktober geht es wieder los!

Eine neue NHL-Saison steht kurz vor ihrem Start, am 9. Oktober ist es soweit und wie jedes Jahr machen sich Laien, Experten und Kritiker Gedanken über das Abschneiden von Rookies und Topspielern, sowie über die Meisterschaftschancen bzw. dem Abschneiden aller Mannschaften.

Können die Detroit Red Wings den Stanley Cup verteidigen? Werden die Colorado Avalanche zum neunten Mal in Folge den Divisionstitel holen? Sind die San Jose Sharks in der Lage ihre Punkteausbeute zum siebten Mal hintereinander zu verbessern und verpassen die Dallas Stars trotz eines mehr als überduchschnittlichen Kaders erneut die Playoffs, lauten die Fragen im Westen.

Im Osten setzen dagegen die meisten Kanadier ihre Hoffnungen darauf, dass die Toronto Maple Leafs nach 35 Jahren wieder den wertvollsten und auch größten Eishockey-Pokal in die Heimat bringen, während in Philadelphia eine schlagkräftige Flyers-Mannschaft erwartet wird, die endlich das hält, was ihre Namen versprechen. Einen Anspruch auf die Meisterschaft haben sich die New York Rangers schon vor Jahren erkauft, konnten bislang aber noch keine zählbaren Erfolge feiern und die Washington Capitals blieben in der letzten Saison ebenfalls weit unter ihren Möglichkeiten. Werden diesmal die 'Hauptstädter' und die Mannen vom 'Big Apple' überzeugen? Geht der Cup tatsächlich nach Kanada oder wird Philly zum dritten Mal in der Stanley Cup Geschichte zur Hauptstadt des Eishockeys?
Antworten wird man im Folgenden nicht finden, jedoch sollte diese Vorschau zu Diskussionen anregen und die Kenntnis über jene acht Top-Teams verbessern.

Philadelphia Flyers

Das beschämende 1-4 Erst-Runden-Aus in den letzten Playoffs gegen die Ottawa Senators, als die Flyers lediglich zwei Treffer erzielen konnten, gilt es in Philadelphia aufzuarbeiten. Der von den Stars geschasste Trainer Ken Hitchcock wurde für Bill Barber verpflichtet, um die Mannschaft zu einem ernstzunehmenden Titelanwärter zu formen. Der Meistermacher von 1999, dem man Probleme im Umgang mit den sogenannten Stars nachsagt, muss den physisch sehr starken Kader vor allem im spielerischen Bereich verbessern. Besonders betroffen sind hierbei die Verteidiger, die allen Stürmern der Liga gewachsen sind, jedoch eklatante Schwächen im Spiel nach vorne haben.

In der Offensive haben die Flyers um John LeClair, Jeremy Roenick, Keith Primeau, Mark Recchi und Simon Gagne zwei gefährliche Reihen zu bieten, jedoch mangelt es an Qualität in den weiteren Formationen. Außerdem ließ die Durchschlagskraft im Überzahlspiel zu Wünschen übrig. 2001/02 wirkte der Shooting Star der vorletzten Spielzeit zwischen den Pfosten, Roman Cechmanek, nicht immer sicher und offenbarte zu oft Schwächen beim Agieren außerhalb seines Torraumes. Mit Robert Esche und dem jungen Neil Little verfügt Hitchcock über keine ausreichenden Alternativen.

Washington Capitals

Der beste Trainer aus der AHL-Saison vom Vorjahr, Bruce Cassidy, der Ron Wilson bei den 'caps' ersetzte, hat einen besonders in der Offensiv sehr guten Kader zur Verfügung, um ein erneutes Verfehlen der Playoffs zu vermeiden. Neben dem mit Abstand torgefährlichsten Blueliner der Liga, Sergei Gonchar, stehen die brandgefährlichen Stürmer Chris Simon, Peter Bondra, Andrei Nikolishin, Dainius Zubrus und der fünfmalige Art-Ross-Trophy-Gewinner, Jaromir Jagr, in den Angriffsformationen der Hauptstädter. Letztgenannter dürfte Dank des Neuzugangs Robert Lang, mit dem er bereits in Pittsburgh blendend harmonierte, zu alter Stärke zurück finden. Zusätzlich wiegt schwer, dass die Blessuren der Leistungsträger Calle Johansson, Steve Konowalchuk und Jeff Halpern, sowie die verletzungsbedingten Schwächungen der wichtigen Spieler Olaf Kölzig und Jagr passe sind, wodurch der Coach, im Gegensatz zu seinem Vorgänger, personell aus dem Vollen schöpfen kann.

Wenn die vielversprechenden 'Neuen' - J-F Fortin, Nolan Yonkman und Brian Sutherby - zusätzlich gute Leistungen bringen und Cassidy das Unterzahlspiel verbessern kann - die Capitals belegten den 24. Platz in der Liga -, wird diesmal ein vorderer Platz möglich sein.

Toronto Maple Leafs

Obwohl Kanadas ganzer Stolz als drittbestes Team der Liga, mit der zweitbesten Offensive, die reguläre Saison standesgemäß beendete, waren die Maple Leafs erneut nicht in der Lage in das Stanley-Cup-Finale einzuziehen. Endstation waren die Carolina Hurricanes, welche die Ahornblätter im Kampf um die Krone im Osten nach harten Spielen mit 4-2 Siegen eliminierten. Die Mannschaft der Leafs verfügt erneut über eine sehr gute Mischung zwischen spielerisch und körperlich starken Stürmern, wie Mats Sundin und Alexander Mogilny bzw. Shayne Corson und Tie Domi, um sich in der Liga an vorderster Stelle behaupten zu können.

Schmerzlich vermissen werden die Mannen aus Toronto Gary Roberts, der als bester Spieler der letzten Playoffs bis Februar verletzungsbedingt ausfallen wird. Noch krasser könnten die Auswirkungen auf den Abgang von Goalie Curtis Joseph werden. Ein sich seit Jahren im Abwärtstrend befindlicher Ed Belfour dürfte den überragenden Joseph nicht vollständig ersetzen können. Ebenfalls nachteilig auf die Torontos Abwehrleistung könnte sich der Tausch Robert Svehla gegen Dmitri Yushkevich auswirken.

New York Rangers

Die Durststrecke von fünf Jahren ohne Playoffs, obwohl der Kader Saison für Saison zu den teuersten der Liga zählt, soll nun endlich vorbei sein. Richten sollen es unter anderem der neue Trainer Bryan Trottier, der als Spieler sechs Stanley Cups holte, aber als Cheftrainer in der NHL noch keinerlei Erfahrung besitzt, und Neuzugang Darius Kasparaitis, der New Yorks schwacher Verteidigung mehr Durchsetzungsvermögen geben soll. Diesbezüglich werden auch große Hoffnungen in den jungen Tomas Kloucek gesetzt. An der Seite der offensiver orientierten Blueliner Tom Poti und Brian Leetch sollen diese beiden hinten dicht halten, sowie das äußerst schlechte Penalty Killing der letzten zwei Spielzeiten, welches den Rangers die Plätze 29 und 30 bescherte, verbessern. Die Offensive verfügt mit den 'Rauhbeinen' Matthew Barnaby und Krzystof Oliwa über genug köperliche Qualität, mit den ebenfalls starken Centern Eric Lindros und Bobby Holik überdurchschnittliche Spielmacher und in Pavel Bure und Radek Dvorak zwei pfeilschnelle Flügelstürmer. Diese für Petr Nedved ungeliebte Position an der Außenbahn muss der Tscheche wegen der Vertragsverlängerung von Mark Messier wahrscheinlich öfters einnehmen als ihn lieb ist.

Colorado Avalanche

Mit nur 169 Gegentreffern stellten die Avalanche in der letzten Saison die mit Abstand beste Abwehr der Liga, rangierten jedoch mit 212 geschossenen Toren lediglich auf den 15. Platz. Dank eines überragenden Patrick Roy, der die beste reguläre Saison seiner NHL-Karriere absolvierte, und des kompromisslosen Verhaltens der Verteidiger überzeugte Colorado vor allem in der eigenen Zone. Vorne haperte es allerdings oft an der Durchschlagskraft. Gründe dafür waren die Schwächung durch den Spielverzicht von Peter Forsberg, der 2002/03 wieder dabei ist, und die Ladehemmungen der eigentlichen Goalgettern Chris Drury, Milan Hejduk und Alex Tanguay, die zusammen nur knapp 60 Prozent der Anzahl an Treffern vom Jahr zuvor erzielen konnten. Colorado blieb aber Dank des sehr ausgeglichenen Kaders trotzdem ein Titelanwärter und verfügt weiterhin über eine gute Mischung in allen Mannschaftsteilen: Junge hungrige Spieler wie Vaclav Nedorost, Radim Vrbata, Marc Aebischer und Martin Skoula sollten zusammen mit den absoluten Topspielern Roy, Forsberg, Joe Sakic, Adam Foote und Rob Blake besser agieren als im Vorjahr. Wichtig für die Gefährlichkeit der Avalanche waren auch die sehr guten Leistungen der Unter- und Überzahlreihen, die wenigstens annähernd gleich bleiben müssten.

Detroit Red Wings

Nach jeder Saison ist der Titelverteidiger zugleich auch Titelfavorit. Ob die Red Wings wie zuletzt 1998 den Stanley Cup verteidigen können, ist eines der großen Fragezeichen in dieser Spielzeit, denn der seit 1993 in Detroit beschäftigte, mittlerweile erfolgreichste Trainer der NHL-Geschichte, Scotty Bowman, ging in den verdienten Ruhestand und überließ seinen Platz Dave Lewis, der zum ersten Mal den Posten eines Headcoaches übernimmt. Von Beginn an stellte dieser klar, dass er einige Dinge anders machen werde, als sein Vorgänger!

Da die Stammformationen aus mehreren 'Enddreißigern' - Brett Hull, Brendan Shanahan, Luc Robitaille und Chris Chelios - bestehen und diese sich nicht unbedingt schnell an neue Umstände gewöhnen könnten, hat der Trainer-Rookie frische Akteure im Team bitter nötig. Diesbezüglich kann er auf die aussichtsreichen, jungen Talente Pavel Datsyuk, Boyd Devereaux, Jiri Fischer, Jason Williams und Henrik Zetterberg zurück greifen. Die vermeintliche Schwäche, keine Topscorer in der Mannschaft zu haben, war in der letzten Saison eine entscheidende Stärke und wird auch in dieser Saison ein Trumpf sein. Sämtliche Reihen waren in der Lage Tore zu schießen, wodurch es für die Gegner nicht reichte, sich nur auf eine Handvoll Spieler einzustellen. Dass der 37-jährige Kapitän Steve Yzerman verletzungsbedingt bis Februar ausfällt, wird die Punkteausbeute aber auf jeden Fall drücken. Goalie Dominik Hasek wurde durch Torontos Curtis Joseph mindestens gleichwertig ersetzt.

San Jose Sharks

Die Ansprüche in San Jose wachsen Jahr für Jahr. Mittlerweile erhebt die nordkalifornische Mannschaft, die in der letzten Saison die viertbeste Offensive stellte, sogar Anspruch auf den Stanley Cup. Zusätlich Auftrieb gab 2002 das erstmalige Erreichen des Divisonstitels, nachdem sich die Sharks seit ihrem Bestehen 1991 langsam aber stetig verbessern konnten. Ein Grund für das gute Abschneiden war die dritte Reihe mit Mike Ricci, Niklas Sundstrom und Scott Thornton: Keine andere derartige Formation schoss in der Liga mehr Tore. Schwächen offenbarten die Mannen um Marco Sturm allerdings sowohl beim Blocken von Schüssen bzw. beim Vereiteln von Chancen, als auch bei der Offensivkraft der Blueliner. Zusätlich hat Trainer Darryl Sutter in keinem Mannschaftsteil adäquate Alternativen auf der Bank, um Spielerausfälle zu kompensieren. Sollten sich die Stützen Owen Nolan, Teemu Selanne, Vincent Damphousse oder der deutsche Nationalspieler verletzen, reduziert sich die Qualität des Kaders schneller als bei anderen Spitzenteams. Zwischen den Pfosten sind die kalifornischen Haie dagegen mit den Kasachen Evgeni Nabokov und dessen Ersatzmann Mikka Kiprusoff überdurchschnittlich gut besetzt.

Dallas Stars

Von 1997 bis 2001 hatten die Texaner immer die Playoffs erreicht und sogar 1999 erstmalig den Stanley Cup nach Dallas geholt. Im letzten Jahr nahm das Unternehmen Titelgewinn Nummer Zwei ein jähes Ende, als nach 82 Begegnungen die 90 erspielten Punkte nur zu Platz zehn reichten. Trotz eines meisterschaftswürdigen Kaders fand der mittlerweile geschasste Trainer Ken Hitchcock keine Mittel, um die Sterne funkeln zu lassen. Diese wieder zu alten Glanz bringen, soll Rookie-Coach Dave Tippett, der das Team noch einmal verstärken durfte. Mit Scott Young konnten sie einen alten Weggefährten von Pierre Turgeon verpflichten, um die vorjährige schlechte Bilanz des Centers zu verbessern und mit Bill Guerin, der an der Seite von Kapitän Mike Modano agieren könnte, nahmen sie einen absoluten Topscorer unter Vertrag. Jason Arnott, Jere Lehtinen und Brenden Morrow komplettieren die sehr guten Offensivreihen. Den Vorderleuten angepasst, spielten die Stars hinten ebenfalls meist unter ihren Möglichkeiten, obwohl mit Richard Matvichuk und Derian Hatcher zwei kampfstarke Verteidiger ihr 'Unwesen' trieben. Eine abfallende Leistung von Goalie Ed Belfour, der 2002/03 von dem unerfahrenen Marty Turco und dessen altgedienten Backup Ron Tugnutt ersetzt wird, tat sein übriges dazu. Neuzugang Philippe Boucher wird auf jeden Fall zusammen mit Sergei Zubov für größere Torgefährlichkeit von der blauen Linie sorgen.

Die relativ lauhe Saisonpause mit kaum spektakulären Wechsel wird hoffentlich durch eine abwechslungsreiche neue NHL-Saison wettgemacht. Interessant wird auf jeden Fall wie lange sich die neuen Trainer in ihren ersten Spielzeiten halten und welche Erfolge sie haben werden. Interessant wird auch, ob die höher eingeschätzten West-Teams tatsächlich über den Osten dominieren werden. Können vielleicht andere Teams, wie die alternde Mannschaft der New Jersey Devils, die neu erstarkten New York Islander, das Überraschungsteam der Vorsaison Carolina Hurricanes, die gut arbeitenden Phoenix Coyotes oder die immer für Überraschungen gut zu sein scheinenden Los Angeles Kings in die Phalanx der Großen einbrechen? Fragen, die ab dem 9. Oktober beantwortet werden und im Juni nächsten Jahres beantwortet sind. (ms)

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