NHL-Eishockeymagazin
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nr.54 / juni 2002 

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TEAMREPORT
 
Ottawa Senators
Die Nummer Zwei in Kanada

Markus Schäffler

Das Team der Senators in 1923

Die einstige Eishockeyhochburg Ottawa ist nach fast 60 Jahren ohne NHL-Eishockey wieder zu einer festen Größe geworden. Dank eines konsequenten Team- und Personalaufbaus, der nach turbulenten Anfangsjahren zu Beginn der Neunziger unbedingt nötig war, sind die Senators mittlerweile wieder dabei an die äußerst erfolgreichen Zeiten zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts anzuknüpfen. Über die interessante Geschichte von 1903 bis 1934, als die kanadische Hauptstadt zahlreiche Spitzenmannschaften zu bieten hatte, und die Entwicklung in den letzten zehn Jahren vom 'Kanonenfutter' zum Topteam wird hier berichtet.

Die frühen Jahre

Dass Ottawa mit neun Stanley Cup Siegen, zusammen mit Detroit, hinter Toronto und Montreal auf Rang Drei bei den Städten mit den meisten Titelgewinnen steht, ist sicherlich einigen NHL-Interessierten noch unbekannt. Der Grund hierfür ist darinzu sehen, dass die 'Hauptstädter' ihre größten Erfolge in den Anfangsjahren des Eishockeys bis 1934 verbuchen konnten.
Zu dieser Zeit 'tummelten' sich mehrere Topmannschaften aus Ottawa, wie zum Beispiel die Commandos, die Cliffsides, die Primroses und die Victorias in den besten Ligen des Landes. Aufnehmen konnten sie es mit vielen Kontrahenten und auch mehrere Auszeichnungen konnten sie ihr Eigen nennen. Der Gewinn des wichtigsten Pokals, der Stanley Cup, blieb allerdings nur den Senators und den Silver Seven vorbehalten.

Nachdem die Ottawa Senators 1917 gegründet worden waren, gewannen sie schon im dritten Jahr ihres Bestehens gegen die Seattle Metropolitans, das bis dahin einzige us-amerikanische Team, das den Stanley Cup holen konnte (1917), mit 3-2 Spielen die Meiterschaft. Im darauffolgenden Jahr konnten sie die Trophäe sogar verteidigen, indem sie vor einer Rekordkulisse von 10.000 Zuschauern die Vancouver Millionaires ebenfalls mit 3-2 bezwangen.

Frank 'King' Clancy

1923 mussten sich die Senators zunächst mit den Canadiens auseinandersetzen. Unter den Mannen aus Montreal befanden sich zwei üble 'Jungs', Billy Coutu und Sprague Cleghorn, die während einer Partie mehrere Ottawa-Spieler mit ihren Fäusten und Schlägern verletzten und dabei sogar bewusstlos schlugen. Die NHL, sowie Montreals General Manager Leo Dandurand, suspendierten die Goons, woraufhin die Senators problemlos die Serie gewannen und gen Vancouver reisen konnten. Dort bezwangen sie zunächst die Maroons, ehe der Meister der Western Canada Hockey League, die Edmonton Eskimos, gegen Ottawa in drei Spielen verlor und somit der Cup wieder in die kanadische Hauptstadt ging. Da zu jener Zeit die Torhüter nach einer Zeitstrafe noch selbst die zwei Minuten in der Kühlbox verbringen mussten, kam es zu einer heutzutage undenkbaren Situation: In der zweiten Begegnung übernahm ein Feldspieler, es war der beste Ottawa-Akteur und NHL-Legende Frank 'King' Clancy, für zwei Minuten den Platz zwischen den Pfosten ein.

Den vorerst letzten Stanley Cup Titel erreichten die Senators 1927 gegen die Boston Bruins in einem dramatischen letzten Spiel, das zum Ende hin von etlichen Schlägereien gekennzeichnet war. In dieser Serie wurde zum ersten Mal in der NHL-Geschichte eine Suspendierung auf Lebenszeit ausgesprochen, als Bostons Billy Coutu, er war mittlerweile von Montreal gewechselt, im Gang vor den Kabinen einen Schiedsrichterassistenten niederstreckte.

Trotz der großen sportlichen Leistungen welche die Senators in der kanadischen Haupststadt ablieferten, wanderten die Sponsoren und Geldgeber nun nach und nach in die USA ab. Dort war die Möglichkeit viel Geld zu verdienen größer geworden als in Kanada. So mussten die Senators etliche sehr gute Spieler verkaufen, um sich finanziell über Wasser zu halten. Die sportlichen Erfolge hielten sich daraus resultierend in Grenzen. In 1931 beschloss das Management sogar, für ein Jahr den Spielbetrieb einzustellen. Die Aktiven wurden während dieser Saison auf die übrigen Teams verteilt. 1932 bis 1934 absolvierten die Senators noch zwei sehr durchwachsene Spielzeiten, die zu den bis dahin schlechtesten in ihrer Geschichte zählten. Darauf anschließend wurde das Eishockeyteam nach St.Louis verkauft.

Der Neuaufbau

Im Winter 1989 beschlossen die drei Geschäftsmänner Randy Sexton, Cyril Leeder und Bruce Firestone der Firma Terrace Investments, als sie an einem Samstag Vormittag nach einem Hobbyspiel in einem kleinen Stadion in Ottawa gerade ihre Eishockeyausrüstung ablegten, eine neue Franchise in der kanadischen Hauptstadt zu gründen.
Das Trio hatte Grundbesitz in Kanata, einem Außenbezirk im Westen der Stadt, den sie als idealen Ort für eine 22.500 Zuschauer fassenden Arena mit Hotels und einem Einkaufszentrum ansahen. Alles schien so einfach. Wie konnte die NHL, welche ohnehin zwei neue Franchise-Standorte suchte, der Bewerbung aus einer Stadt, in der der Stanley Cup zum Leben erweckt wurde, und die sich zudem in jenem Land befindet, in dem der Sport geboren wurde, verwehren?

Frank Finnigan in jungen Jahren

Aber die Medien im Großraum, sowie die Stadtväter machten sich bei der Veröffentlichung des Vorhabens über die drei 'Fantasten' lustig. Hiervon bestärkt konnten sie als 'Gallionsfigur' Frank Finnigan - ein Mitglied des erfolgreichen Teams in den frühen Jahren - gewinnen. Finnigans konnte in einer Pressekonferenz zumindest die Fans dazubringen, dass sie die Mission ernst nahmen. So fanden sich schnell 18.000 Menschen, die bereit waren eine Anzahlung in einer Höhe von US$50 für eine Dauerkarte zu leisten.
Mit diesem ersten Erlös versuchten die drei ein Jahr lang unermüdlich die Stadt und die Liga auf ihre Seite zu bringen. Am 6. Dezember 1990 kam es in Palm Beach, Florida, beim Treffen des 'NHL Board of Governors' zum Showdown. Die beiden neuen NHL-Städte wurden der Öffentlichkeit präsentiert und tatsächlich wurde Ottawa, zusammen mit Tampa, auserkoren. Firestone brach daraufhin in Tränen aus. Der erste Sieg der neuen Ottawa Senators war eingefahren.

Mit dem Erlös aus den Verkauf der Saisontickets und unter Hilfe des lokalen Geschäftsmannes und Freundes von Firestone, Rod Byrden, der genug Geldgeber aquirierte, konnte schließlich die Gebühr von US$ 50 Millionen an die National Hockey League bezahlt werden. Als erste leitende Angestellte wurden Philadelphias Mel Bridgman und Montreals John Ferguson verpflichtet, Trainer sollte Bostons Rick Bowness werden.
Der erste offizielle Autritt der drei Neuen fand in einem Hotel in Montreal zum Expansion Draft statt, wo sich die Lightning und Senators aus einem Pool von anderen NHL-Teams freigegebene, aussichtsreiche junge Spieler ziehen durften. Bridgman bewies dabei nicht unbedingt ein glückliches Händchen.
Seine Entscheidungen wurden teilweise belächelt und nur drei Tage später beim Entry Draft wurden die kritischen Stimmen noch mehr. Nach Tampa, das Roman Hamrlik als ersten Spieler zog, verkündeten Ottawas Abgesandte vor einer gebannten Kulisse ihre Nummer Eins. Es handelte sich dabei um den nicht so hoch eingeschätzten russischen Center Alexei Yashin, der zu dieser Zeit noch bei Dynamo Moskau sein Eishockey zum Besten gab.

Im September 1992 trafen sich in Hull schließlich 80 Spieler zur ersten Vorbereitung auf die erste Saison für die Ottawa Senators unter der Leitung von Larry Skinner. Der Heimauftakt der Spielzeit 1992/93 fand im Civic Centre statt, das mit 10.500 Zuschauern bis auf dem letzten Platz gefüllt war. Zu Gast waren die Montreal Canadiens, die der unerfahrenen, neuen Mannschaft tatsächlich mit 3-5 unterlagen. Der Enthusiasmus in Ottawa nahm schlagartig zu. Dieser wurde allerdings schnell getrübt, denn die Senators, die in diesem Jahr noch ohne Yashin auskommen mussten, konnten nur neun weitere Siege einfahren, bei 70 Niederlagen und vier Unentschieden.
In einer Pressekonferenz nach dieser Saison berichtete Bruce Firestone, dass mehrere Spieler sogar angehalten worden waren, zu verlieren. Ziel war es beim kommenden Draft die Rechte an dem höchst aussichtsreichen Alexandre Daigle zu bekommen. Eine wegen der Absprachen eingeleitete Untersuchung der NHL, konnte dies jedoch nicht belegen - und der ungeliebte Firestone verkaufte seine Teamanteile an Rod Byrden.

Die nächste Spielzeit weckte wieder die Hoffnung auf bessere Zeiten in Ottawa. Nicht nur dass Yashin zusammen mit Daigle im Sturm das Traumpaar der Senators bilden und Goalie Craig Billington hinten dicht halten sollte, begeisterte die Fans schon im Vorfeld der kommenden Saison, sondern es war auch endlich der Würfel zum Bau eines neuen Stadions gefallen.
Tatsächlich konnten Yashin und Daigle, die es auf 77 bzw. 51 Punkte brachten, in ihrem ersten Jahr überzeugen. Die Teamausbeute fiel mit 37 Zählern erneut äußerst schlecht aus. In der folgenden Sommerpause pochte Yashin und sein Agent Mark Gandler auf eine mündliche Vereinbarung mit den Senators, die ihm eine Gehaltaufbesserung in Aussicht stellen sollte. Erst Stunden vor dem ersten Saisonspiel, nachdem verbale Auseinadersetzungen mindestens ein Mal pro Woche in den Medien die Runde gemacht hatten, kam es zu einem neuen Vertrag und Yashin kehrte zum Kader zurück. Über den letzten Platz der Liga kamen die Senators jedoch erneut nicht hinaus.

Kurz nach den Playoffs 1995 forderte Yashin wiederum eine Veränderung seiner Bedingungen, auf die sein Arbeitgeber wegen der überzogenen Forderungen nicht einging. Um seine Absichten zu unterstreichen, reiste der Russe in seine Heimat und absolvierte dort mehrere Spiele für seinen alten Club. Als Folge wurde Yashin von der internationalen Eishockey Federation bis auf weiteres gesperrt wurde. Erst im Januar 1996, als endlich die neue Arena, das Corel Centre, fertiggestellt worden war, konnten sich die verhärteten Fronten lösen und der Top-Center erhielt einen neuen Fünf-Jahres-Vertrag, der ihm US$ 13 Millionen einbringen sollte.

Zusammen mit Daigle, Daniel Alfredsson, Radek Bonk, Damian Rhodes und Randy Cunneyworth bildete er in 1996/97 eine Mannschaft, die zum ersten Mal die Playoffs erreichte. Im letzten Spiel gegen die Boston Bruins, als nur noch eine Minute zu absolvieren war, passte Yashin zu Steve Duchesne, welcher die Scheibe im Netz versenkte und damit die wichtigen zwei Punkte und die Teilnahme an der Playoffrunde sicherte. Nach dem Ertönen der Schlusssirene verwandelte sich die City von Ottawa innerhalb kürzester Zeit in ein Freudenmeer: Mehrere hupende Autokonvois bildeten sich und in der ganzen Stadt waren Jubelgesänge zu hören. Tickets für die Heimspiele waren binnen 40 Minuten an den Mann gebracht.
Obwohl sich die Senators gegen die Buffalo Sabres nach sieben Spielen in der ersten Runde geschlagen geben mussten, ebbte die Euphorie seit dem nicht mehr ab.

Dank einer konsequenten Personalpolitik, die sich die Verpflichtung von Talenten, wie Chris Phillips, Wade Redden, Marian Hossa und Magnus Arvedson, zum Auftrag gemacht hat, wurden die Playoffs fortan immer erreicht. Selbst als Yashin 1999/2000 die gesamte Saison wegen eines erneuten Vertragsdisbuts aussetzte gelang dieses Saisonziel.

Die Eishockeytradition in Ottawa lebt wieder auf und man kann unumwunden feststellen, dass sich die Senators zum zweitbesten Team im Mutterland des Eishockeys entwickelt haben. (ms)

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