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nr.52 / apr. 2002 

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ESSAY
 
Alt, aber gut - die Zukunft der Red Wings

Stefan Herget

Igor Larionov - noch nicht eishockeymüde

Die Verpflichtungen der Detroit Red Wings im Sommer letzten Jahres in den Personen von Dominik Hasek, Brett Hull und Luc Robitaille brachten zusätzliche Nahrung für die sowieso schon reichlich mit Potenzial gefütterte Franchise und nicht wenige sind der Meinung, dass diese Politik einzig und alleine auf ein Ziel hinarbeitet: Der Gewinn des Stanley Cups in diesem und keinem anderen Jahr und das alles auf Kosten der Zukunft des Teams.
Voraussagen darüber, ob den Red Wings aufgrund ihres hohen Alterdurchschnitts über die lange Saison von 82 Partien, plus den Olympischen Spielen und den Playoffs die Luft ausgehen wird, spiegeln sich in Schlagzeilen wie 'Greisen-Wings', 'verweste Wings' oder 'Jurassic Wings' wider. Es ist Zeit kurz vor dem Beginn der Playoffs, die wirkliche Situation zu analysieren.

Die Red Wings gehören zu einer der erfolgreichsten Franchise in den letzten Jahren, indem sie innerhalb der zurückliegenden zehn Spielzeiten immer über 50 Prozent der möglichen Punkte erreichten, sechs Mal ihre Division und zwei Mal den Stanley Cup gewannen. Der größte Teil ihrer Championsmannschaft von 1998 ist noch intakt und wurde durch die Zugänge von Hull, Hasek und Robitaille, zuzüglich der Youngster Pavel Datsyuk und Boyd Devereaux enorm verstärkt. Steve Yzerman, Igor Larionov und Sergei Fedorov geben Detroit eine unbeschreibliche Tiefe in der Centerposition, während die Außenstürmer Brendan Shanahan, Mathieu Dandenault, Kris Draper, Tomas Holmstrom, Kirk Maltby und Darren McCarty nahe dem oder im besten Eishockeyalter sind. Die Wings Defensive bekommt Stärke durch Norris Trophy Gewinner Niklas Lidstrom, Veteran Chris Chelios und den aufstrebenden Talenten Jiri Fischer und Maxim Kuznetsov.

Namhafte Verstärkungen
Brett Hull, Dominik Hasek und Luc Robitaille.

In Anbetracht der bisherigen Leistungen des Teams in dieser Saison ist die Rechnung des Managements, drei weitere Mitdreißiger zu einem Kader mit ohnehin schon hohem Altersdurchschnitt aufzunehmen und drei weitere Spitzengehälter für eine der größten Gehaltslisten in der NHL hinzuzufügen, aufgegangen. "Nachdem wir in den Playoffs gegen Los Angeles verloren hatten, haben wir uns mit den Eigentümern zusammengesetzt", erklärt Detroits General Manager Ken Holland. "Wir fühlten, dass es an der Zeit war, etwas zu tun, das unseren Hockey Club wirklich weiter bringt. Im letzten Jahrzehnt haben wir 100 Punkte pro Saison erreicht aber wir glaubten, dass unsere Mannschaft etwas abgenutzt war. Wir mussten etwas unternehmen, um die Spieler anzustacheln und die Chemie in der Umkleide wieder zu verbessern."

Wenn der Torhüter eine der wichtigsten Positionen im Eishockey ist, so verfügen die Red Wings jetzt über einen der Besten, wenn nicht den Besten. "Hasek ist der beste Torhüter der Liga", betont Carolina Hurricanes Assistenztrainer Randy Ladouceur. "Wenn man über einen Torhüter sprechen will, der alleine in der Lage ist ein Spiel zu entscheiden, ist er der Mann. Hasek ist der beste Torhüter in der Liga und war es in den letzten sechs Jahren."
Obwohl den Red Wings kein Vertrag zu teuer war im Rennen um die Topspieler, so haben sie bewusst kein Geld verschwendet. Hasek, Hull und Robitaille haben kurzfristige Verträge bekommen mit Optionen für eine Verlängerung abhängig von ihrer Verfassung und dem Abschneiden des Teams. Deswegen ließen sie auch einen Martin Lapointe nach Boston ziehen, weil dieser sich langfristig binden wollte. "Der Deal mit Dominik Hasek hat eine Kettenreaktion hervorgerufen", sagt Holland, der früher selbst Torsteher in der NHL war. "Wir fügten ein paar alte Spieler hinzu, aber wir glauben, dass wir uns rückversichert haben, indem es keine langfristigen Verträge sind. Wir hoffen aber, dass wir mindestens drei Jahre mit ihnen zusammenarbeiten können, weil das würde bedeuten, dass ihre Leistung und der Teamerfolg stimmt."

Die Wings haben die 47 Tore, die die Abgänge Lapointe und Slava Kozlov erzielten, durch 76 Treffer für die Hull und Robitaille in der letzten Saison verantwortlich waren mehr als adäquat ersetzt. Mit ihnen werden die Offensivreihen um Yzerman, Fedorov und Shanahan noch durchschlagskräftiger und erlauben Trainer Scotty Bowman mindestens zwei komplett gleich starke Reihen einzusetzen. "Wir haben versucht zwei Reihen zu bekommen, damit die Gegner darüber grübeln müssen", verdeutlicht Bowman das taktische Konzept. "Viele Teams passen ihre Reihen dem Gegner nicht so an, wie sie es sollten, aber sie versuchen ein gutes Verteidigerpaar gegen die stärkste Reihe einzusetzen. Wir haben das immer gemacht, wenn bei Anaheim Paul Kariya und Teemu Selanne gleichzeitig auf dem Eis waren. Jetzt haben wir zwei starke Offensivreihen. Die meisten Teams haben aber nur ein starkes Verteidigerpaar und müssen es nun entweder aufteilen oder entscheiden gegen welche Reihe sie spielen sollen."

Der Cup ist das Ziel!

Es wird schwer werden, Detroit auf dem Weg zum Stanley Cup zu stoppen, das ist nicht erst seit den letzten Monaten klar. Doch wie sieht es aus mit den Vorurteilen, die Mannschaft wäre zu alt, die Red Wings verbauen sich ihre Zukunft auf Jahre hinaus, weil sie zahlreiche Drafts in den letzten Jahren für Transfers geopfert haben und vor Probleme stehen werden, wenn die alten Veteranen die Schlittschuhe an den Nagel hängen.
Als die Familie Ilitch, Eigentümer der Restaurentkette Little Caesars Pizza, 1982 die Red Wings kaufte, war eines der ersten Unterfangen Jimmy Devellano von den Islanders zu holen. Seine Philosophie war es, die die Franchise der Red Wings bis heute prägt. Gedraftete Spieler werden in den Minors groß gezogen und müssen dort mindestens zwischen einem und drei Jahren absolvieren, bevor sie in die NHL kommen. "Es ist besser wenn ein 20-jähriger Nachwuchsmann in der ersten Reihe in den Minors spielt, als 13. Stürmer oder 7. Verteidiger in der NHL zu sein. Wir haben das zu Devellanos Zeit so gemacht und machen das heute noch so", bemerkt Holland. "Unser Ziel ist es, für den Gewinn des Stanley Cups konkurrenzfähig zu sein. Das schafft man nicht mit einer Gruppe 22 und 23 Jahre junger Spieler und es ist dabei egal wie talentiert sie sind. Wir haben das in den frühen 90er Jahren gelernt, als wir ein wirklich gutes junges Team hatten, aber wir mussten lernen, wie man den Cup gewinnt. Das ist auch der Grund, warum jedes NHL Team versucht zum Ende der Wechselfrist erfahrene Spieler zu holen. Die wissen, wie das Spiel zu spielen ist und verstehen mit dem Druck umzugehen."

Wer glaubt, Detroit würde dabei den Blick in die Zukunft vergessen, täuscht sich. Wie die Montreal Canadiens in den 60er und 70er Jahren verfügen die Red Wings neben den erfahrenen auch über talentierte Akteure. "Wir versuchen jetzt zu gewinnen, aber zur selben Zeit schauen wir auf die Zukunft", sagt Holland. "Unser Team wurde durch den Draft gebaut und wir versuchen unsere jungen Spieler in Europa und den Minors zu belassen, damit sie sich entwickeln können. Wir verstärken uns mit den Veteranen, die uns helfen jetzt zu gewinnen und fügen jedes Jahr einen oder zwei Nachwuchskräfte ein, um ihnen ein Gefühl zu geben, was nötig ist, um zu gewinnen."
Trotzdem gibt es viele, die den Altersdurchschnitt von über 31 Jahren als zu hoch empfinden. "Die Leute sagen seit 1999, dass wir zu alt sind, das heißt wir sind jetzt seit drei Jahren zu alt", erwidert Holland. "Früher oder später werden wir zu alt sein und müssen uns von Spielern trennen. Aber Spieler die gehen bzw. aufhören, machen Gehälter frei, die uns ermöglichen in den Free-Agent Markt zu gehen. Wenn wir ein finanzschwaches Team wären, hätten wir ein Problem, aber wir gehören schließlich zu den Größten. Wir können uns leisten, was wir ausgeben." Ein Konzept das pausibel ist. Die Free Agency beginnt mit einem Alter von 31 und zunehmend sind die Spieler darauf aus, ihre Verträge so zu gestalten, dass genau in diesem Jahr ein neuer Kontrakt ansteht, um die Vorzüge des Systems, die Mannschaft frei zu wählen, nutzen zu können. So lange man sich es leisten kann, dürfte dort in den nächsten Jahren Ersatz zu finden sein.

Aber was ist mit den Leuten, die eine dunkle Zukunft für Detroit voraussehen? "Wenn Leute sich Sorgen, um die Zukunft unseres Teams machen, dann erinnere ich mich immer an etwas, das 1993 passiert ist", erklärt Holland. "Ich habe einen Freund in Westkanada besucht, der meinte, dass die Chance den Cup in Detroit zu gewinnen nur noch zwei oder drei Jahre bestehen würde. Das ist jetzt fast zehn Jahre her. Die Realität ist, dass wir einige Wechsel vollzogen haben, um in den nächsten Jahren zu gewinnen. Entscheidend wird 2004 (Vertrag über einheitliche Gehaltstrukturen in der NHL). Wird es dann schwieriger oder leichter für Spielerwechsel? Keiner weiß es." (sth)

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