NHL-Eishockeymagazin
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nr.51 / mar. 2002 

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ESSAY
 
Gegner ist nicht gleich Gegner - Rivalitäten in der NHL

von Markus Schäffler

Nicht jede Partie ist im Profisport gleich, genauso wie sich die Gegner unterscheiden. In der langen Geschichte der NHL entwickelten sich viele Rivalitäten, die zum Teil noch Bestand haben oder mittlerweilen wegen Umzug oder Auflösung eines Franchiseunternehmens nicht mehr existieren. Besondere Feindschaften entstehen vorallem dann, wenn sich zwei Teams in der gleichen Stadt oder Staat befinden. Außerdem werden Begegnungen zu 'Bitterrivalries', wenn sich gewisse Vorkommnisse in der regulären Saison oder besonders in den Playoffs zutragen, die oft nur von einem Spieler angezettelt wurden. Wenn Mannschaften häufig gegen das gleiche Team verlieren oder in der Runde der letzten Acht immer am selben Gegner scheitern, wird jede Auseinandersetzung zu einer wahren Schlacht, die manchmal nur noch wenig mit Eishockey zu tun hat. Selbst die sogenannten Stars beteiligen sich dann an den Massenschlägereien, machen versteckte Fouls oder beleidigen ihre Kontrahenten lautstark, wofür es in der NHL eigentlich 'Spezialisten' gibt. Sechs Konstellationen, bei denen es viel Arbeit für die Schiedsrichter gibt und die Liga anschließend mehrere Suspendierungen aussprechen muss, werde ich in den folgenden Zeilen schildern.

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Wenn die Teams aus New Jersey und New York pro Saison fünf Mal aufeinandertreffen, ist sowohl der Madison Square Garden, als auch die American Airlines Arena gefüllt mit Devils- und Rangersfans, was in der NHL aufgrund der teilweise großen Entfernungen nicht üblich ist. Lediglich 15 Kilometer trennen die beiden Franchisenehmer, wobei sich die Bewohner der beiden Städte gegenseitig als Vorstädter und arrogante Pinkel beschimpfen. Natürlich entstand diese Feindschaft wegen der geografischen Nähe, jedoch heizte die Tatsache, dass die Rangers bei allen drei Auseinandersetzung in den Playoffs bisher (1992, 1994, 1997) die Devils bezwangen, gehörig an. Eine vier Jahre andauernden Pleitenserie zwischen 1997 und 2001 der Blueshirts, als sie 23 Partien in Folge gegen New Jersey verloren, war ebenfalls nicht gerade förderlich die Beziehung der Ostküstenkontrahenten zu verbessern. Diese könnte sich in Zukunft noch verschärfen, denn Eric Lindros und Scott Stevens haben seit dem überharten Check des Verteidigers im siebten Spiel der Playoffs 2000, der 'Big E's Karriere fast beendet hätte, noch eine Rechnung offen.

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Die wohl blutigsten Auseinandersetzungen zwischen NHL-Teams finden in Florida statt, wenn der Spielplan fünf Mal im Jahr zur 'Battle of the Sunshine State' ruft. Massenschlägereien sind zwischen den Panthers und den Lightning an der Tagesordnung. Von den Trainern werden diese 'Keilereien' sogar noch unterstützt, indem sie die 'Tough Guys' ihrer Farmteams nur für jene Spiele in den Kader berufen. Auch kein Offizieller hat etwas dagegen, dass die Hälfte aller Spieler an diesen Abenden ohne Mundschutz agieren, um bei den eishockeyfremden verbalen Aktionen nicht behindert zu sein. 1999, mehrere Wochen nachdem ein Vorbereitungspiel zweier Rookiemannschaften aus Miami und Tampa Bay wegen Tumulten unter den Akteuren fast abgebrochen worden wäre, trafen die Profis in einer Pre-Season-Partie aufeinander. Diese endete mit fünf Match-, elf Fünf-Minuten- und insgesamt 215 Strafminuten - wie gewohnt? Sogar Floridas Pavel Bure, der selten durch eine unfaire Spielaktion auffällt, ließ sich nach der Schlusssirene zu einem Gefecht Stock gegen Stock mit Tampas Paul Mara ein.

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Eine besondere Feindschaft, die keinen geographischen Ursprung hat, verbindet mittlerweile Edmonton und Dallas. Seit 1997 treffen die Teams jährlich in den Playoffs aufeinander, wobei die Texaner zwischen 1998 und 2001 drei Mal in der ersten Runde und ein Mal in der zweiten Runde die Kanadier eliminieren konnten. Für die Mannen aus Alberta ist dies durchaus verständlich. Das us-amerikanische Franchiseunternehmen verfügt über erheblich mehr finanzielle Mittel und kann sich daraus resultierend auch den besseren Kader leisten. Den Oilers blieb immer nur übrig auf das nötige Glück zu hoffen und bis zum Umfallen zu kämpfen. Dies taten sie beeindruckend. Obwohl die Serien 1-4, 0-4, 1-4 und 2-4 klar verloren gingen und man nur 1997 knapp mit 4-3 die Oberhand behielt, gingen neun von 27 Spiele in die Overtime. Außerdem trennte 19 Mal lediglich ein Treffer den Sieger vom Verlierer.

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Dass ein einzelner Spieler eine erbitterte Rivalität anzetteln kann, beweist das Beispiel Colorado und Detroit, die wegen der Entgleisungen von Claude Lemieux zu den härtesten Konkurrenten im Westen wurden. 1996 trafen die Teams im Conference Finale aufeinander. Lemieux checkte in der sechsten Partie aus vollem Lauf Kris Draper von hinten an die Bande der Detroiter Auswechselbank, so dass dieser mit dem Gesicht so hart auf die Oberkante schlug, dass er sich den Kiefer und das Jochbein brach. Im November 1997 legte sich Lemieux in einem regulären Saisonspiel kurz nach dem ersten Bully mit Detroits Sandy McCarthy an, der ihn allerdings zur Freude der Red Wings Fans übel mit seinen Fäusten zurichtete. In der gleichen Spielzeit ruhte der Puck in einer Playoffbegegnung mehrere Minuten lang, als sich alle Feldspieler auf dem Eis prügelten. Goalie Patrick Roy fuhr daraufhin zum Anfangsbullykreis und forderte seinen Gegenüber Chris Osgood ebenfalls zum Kräftemessen heraus. Dieser nahm die Einladung an, so dass selbst die Torhüter nicht ohne Blessuren im Gesicht davon kamen. Mittlerweilen haben sich die Wogen allerdings wieder geglättet. In der vorletzten Saison beendeten die Manschaften zum ersten Mal seit 20 Jahren ein NHL-Spiel ohne eine einzige Strafzeit.

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Als die 'Battle of Ontario' wird jede Auseinandersetzung zwischen Toronto und Ottawa bezeichnet. Da die Montreal Canadiens, die langjährigen Rivalen der Maple Leafs, in letzter Zeit sportlich keine Glanzlichter mehr setzen konnten, entwickelten sich die Senators zu dem härtesten kanadischen Kontrahenten der Leafs. Im letzten Jahr bezwangen die Hauptstädter die Ahornblätter in allen fünf Partien der regulären Saison, zogen aber in den Playoffs mit 0-4 den Kürzeren. Besonders die ortsansässigen Presseorgane zogen damals über die Rivalen her und sogar die Kultsendung 'Hockey Night in Canada' machte sich mit diversen negativen Kommentaren auf beiden Seiten unbeliebt. Angeblich nur durch ihre äußerst aggressive Spielweise konnten die Weiß-Blauen den spielstarken Youngsters aus Ottawa, die sich von den Schiedsrichtern im Stich gelassen fühlten, Paroli bieten.

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Eine der ältesten Feindschaften in der NHL gibt es zwischen den Lokalmatadoren aus New York. Es ist inzwischen bedauerlicherweise schon nichts Besonderes mehr, dass Spieler Morddrohungen vor den Derbies erhalten. Wie einst Ron Greschner, der gleich zwei anonyme Anrufe erhielt, um ihn vom Auflaufen abzuhalten. Angeheitzt wurden die Gemüter immer wieder durch hässliche Szenen: In den Achtziger Jahren zog sich Islander Clark Gillies den Hass der Rangersfans zu, als er in einer Prügelei Ed Hospodars Kiefer brach. Ulf Samuelsson, der nicht nur im Rangersdress manchmal unsauber spielte, wurde in den Neunzigern von Trainer Mike Milbury sogar wegen seiner Spielweise bespuckt. Goalie Dan Cloutier stellte sich vor die Spielerbank der Mannen aus Long Island und forderte sämtliche Gegner zum Faustkampf. Bei der letzten Playoffserie 1994 deklassierten die Rangers auch noch ihren Stadtrivalen mit 4-0 und 22-3 Toren. Dies habe die Islanders dem großen, ungeliebten 'Bruder' bis heute nicht verziehen.

Was wäre der Profisport ohne Rivalitäten? Sie machen die Spiele doch erst interessant. So lange alles im Rahmen bleibt, können die Zuschauer durchaus auch daran ihren Spass haben. Sollte es jedoch, wie schon häufiger in dieser Saison, zu extremen Ausartungen kommen, sollte man sich besser davon distanzieren. Ernsthafte Verletzungen, die eventuell sogar zum Karriereende eines Akteurs führen, können daraus resultieren. Im Vordergrund muss das sportliche Duell stehen und persönliche Auseinandersetzungen haben auf dem Eis nichts zu suchen. (ms)

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