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nr.50 / feb. 2002 

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ESSAY
 
Ein tolles Erlebnis - Profis und ihr erstes NHL-Tor

Markus Schäffler

Rod Brind'Amour

Wohl alle Eishockeyrecken dieser Welt wünschen sich in der NHL ihre Brötchen zu verdienen. Nicht nur um ein sehr gutes Gehalt einzustreichen, sondern auch Ruhm und Ehre zu erreichen, ist verständlicherweise ihr Vorhaben. Ist man einmal angelangt am Ziel aller Träume, steht der nächste Schritt an: Das erste Tor zu erzielen. Da oft außergewöhnliche Umstände bislang zu so einem Erlebnis, das von Ex-NHLer Tony Granato zum Beispiel als 'unvergesslicher Moment' bezeichnet wurde, führten, ist es Zeit ein paar dieser Highlights beim Karrierestart zu schildern.

Im blutjungen Alter von 18 Jahren wurde Rod Brind'Amour, der zuvor drei Spielzeiten mit den College Mannschaften von Notre Dame und Michigan State verbracht hatte, 1989 in den Kader der St. Louis Blues berufen. Die Blues befanden sich zu diesem Zeitpunkt in der ersten Runde der Playoffs gegen die Minnesota North Stars, die sie mit 4-1 besiegen konnten. In allen fünf Begegnungen der Serie wurde der Rookie eingesetzt, wobei ihm bereits im ersten Spiel, mit seinem ersten Schuss ein Treffer gelang. Sein Tor machte er nach einem Bully vor dem gegnerischen Gehäuse, indem er den abprallenden Puck aufnahm und diesen trocken ins Netz abfeuerte. Direkt danach nahmen sich die 'Nordsterne' eine Auszeit, wodurch die Ovationen der Zuschauer, die ihm - dem Neuling - galten, länger anhielten als normal. Wie so üblich in der NHL, sicherte einer seiner Kollegen den Puck und überreichte diesen dem erfolgreichen Schützen.
Die Hartgummischeibe zu bekommen, mit der man seinen ersten Treffer erzielt hatte, dies ist nicht immer so einfach wie bei Brind'Amour, von dem seine Teamkameraden genau wussten, dass er noch kein NHL-Tor erzielt hatte. In der letzten Saison, nachdem Willie Mitchell von den New Jersey Devils zu den Minnesota Wild gewechselt war, erlebte er sein erstes Erfolgserlebnis und wollte daraufhin das Eis nicht mehr verlassen, ehe Brad Bombardir das Spielgerät aus dem Netz fischte und ihm überreichte.

Dieser Brauch hat in Russland offenbar keinen Bestand, denn als Sergei Zubov im Rangers-Dress 1992 nach einem Querpass von Darren Turcotte mit einem Schlagschuss Buffalos Goalie Dominik Hasek bezwungen hatte, lief der damals 22-jährige Verteidiger zur Auswechselbank. Ein anderer Spieler holte den Puck und gab ihn seinem Trainer, damit dieser ihn an seinen jungen Blueliner weitergeben konnte. Andere Länder, andere Sitten!

Schwierigkeiten, um sein erstes NHL-Tor zu erzielen, hatte da schon der jetztige Atlanta-Spieler Hnat Domenichelli. Im Januar 1997, einen Tag nach einer Partie mit den Springfield Falcons aus der AHL, wurde der Center von seinem damaligen Arbeitgeber, den Hartford Whalers, zu dem Spiel gegen die Buffalo Sabres gebeten. Auf dem Weg zum Flughafen kam er auf eisglatter Fahrbahn von der Straße ab und schlitterte in die Leitplanke. Dass eine Polizeistreife schon kurz danach eintraf war sein Glück, denn dem 'Freund und Helfer' schilderte er sein Vorhaben, so dass dieser ihn zu seinem Ziel eskortierte, damit er die Maschine noch rechtzeitig erwischen konnte. Am nächsten Tag überwand er im grünweißen Dress ebenfalls Dominik Hasek mit einem verdeckten Handgelenkschuss aus kurzer Distanz.

Serge Payer

Ein widriger Umstand begab sich auch bei Serge Payer von den Florida Panthers, der in der letzten Saison sein erstes Tor schoss: Etliche Familienmitglieder waren im Corel Center zu Ottawa anwesend, um ihren Sprössling zu bestaunen. Doch als er ins Schwarze traf, war sein Vater gerade auf der Toilette und verpasste so einen der schönsten Augenblicke seines Sohnes.
Kenny Jonssons 'erstes Mal' passierte 1995 als er noch in Diensten der Toronto Maple Leafs stand. Ausgerechnet nachdem er mehrere Tage wegen Grippe und einer Halsentzündung das Bett hüten musste und in kurzer Zeit fast drei Kilo an Gewicht verloren hatte, schoss er sein Tor.
Esa Tikkanen, der bei den Edmonton Oilers und den New York Rangers insgesamt fünf Meisterschaften holte, versuchte 1985 Bluesgoalie Greg Millen mit einen Schlenzer aus weiter Distanz zu bezwingen. Der Torhüter schien den leichten Schuss zu halten, daher drehte der Finne ab und lief in Richtung Spielerbank. Sein Kontrahent konnte aber die Scheibe zum Erstaunen der Anwesenden nicht parieren und sie landete im Netz. Selbst die Fernsehkameras hatten die Chance schon abgehakt und sich bereits andere Motive gesucht, so dass es Tikkanen verwehrt war weder am Videowürfel noch später im Fernsehen sein erstes Tor anzuschauen.

Ganz andere Probleme hatte Bostons Craig Janney. Im ersten Drittel seines ersten NHL-Spiels lief er 1988 puckführend auf Los Angeles Schlussmann Rollie Melanson zu, der schnell aus seinem Tor kam, um die Scheibe mit seiner Kelle dem Angreifer abzuluchsen. Die Scheibe sprang jedoch bei diesem Vorhaben nach oben und verletzte Janney unterhalb des Auges. Dass er daraufhin genäht werden musste, war für den Schützen unwichtig, denn die Scheibe trudelte noch ins Tor und der Stürmer hatte seinen ersten Grund zum Feiern.

Während die einen durch Glück oder besonderen Umständen schon kurz nachdem sie zum ersten Mal ihre Schuhe für eine NHL-Partie geschnürt hatten, ihren ersten Treffer erzielen konnten, mussten andere Akteure sehr lange darauf warten oder gänzlich von den Scorerlisten fern bleiben. Die längste Durststrecke überwand Chicagos Verteidiger Larry Melnyk, der 140 Spiele brauchte, bis sein erstes Erfolserlebnis zustande kam. In diesem Zeitraum waren Alexander Mogilny und Danny Gare schon etablierte Goalgetter. Sie brauchten für ihren Einstand nach Maß gerade einmal 20 (1989) bzw. 18 (1974) Sekunden, um sich in der NHL-Geschichte zu verewigen. Den inoffiziellen Rekord in dieser 'Disziplin' hält Gus Bodnar, der im Alter von 18 Jahren 1943 bereits nach 15 Sekunden gegen die New York Rangers im Dress der Toronto Maple Leafs sein erstes Tor schoss.

Als ein 'unbeschreiblicher Moment' oder ein 'geiles Erlebnis' wird der erste NHL-Treffer von den Aktiven immer wieder bezeichnet. Dass es sich wirklich um ein besonderes Ereignis im Leben eines Eishockeyspielers handeln muss, wenn er den Puck im gegnerischen Kasten unterbringt und 18 bis 20.000 Fans im engen Rund ihm zujubeln, kann man sich gut vorstellen.

Unsereins wird solch ein Erlebnis wohl für immer verwehrt bleiben, wenngleich ich nachvollziehen kann, welche Glücksgefühle einem bei dem gravierenden Karriereeinschnitt überkommen. (ms)

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