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nr.48 / dez. 2001 

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ESSAY
 
Kanada out - Europa in

von Stefan Herget

Jaromir Jagr - der Tscheche ist seit 4 Jahren Topscorer in der NHL

Sie steigt und steigt und steigt von Jahr zu Jahr: Die Anzahl der Europäer in den Teams der NHL.
Demgegenüber werden prozentual immer weniger Kanadier eingesetzt. Der Zeitpunkt, in dem erstmalig weniger als die Hälfte der Spieler in der NHL die kanadische Staatsbürgerschaft haben werden, ist zum Greifen nahe.

Im vierten Jahr hintereinander ist ihre Zahl auf einem neuen Tiefstand angekommen. Zur Zeit gibt es in der stärksten Liga der Welt 375 Akteure aus dem Mutterland des Eishockeys, fünf weniger als noch letzte Saison. Damit sank ihr prozentualer Anteil auf nur noch 52,3.
In 15 der letzten 20 Jahren nahm der Anteil der Kanadier ab, von 81,8 Prozent in 1981-82 zu 71,2 Prozent nur ein Jahrzehnt später und 61,4 Prozent in 1997-98, bewegt er sich nun auf die 50er Marke zu.

Ganz im Gegensatz dazu läuft der Trend bei den europäischen Spielern. Ihre Anzahl nahm nun schon im zwölften Jahr hintereinander zu. 241 (33,6 %) sind in dieser Saison gemeldet, im Vergleich zu 227 (31,8 %) noch in 2000-01.
Die US-Amerikaner nahmen dagegen um sechs ab auf nunmehr 101 Spieler, was 14,1 Prozent von allen NHLern bedeutet. Die schlechteste Marke seit 17 Jahren für die USA, die im Jahre 1984-85 nur 13,2 Prozent stellten.

            Spieler aus (in %)
Saison    Kanada   USA   Europa

1971-72    94,4     3,8    1,8
1981-82    81,8    10,0    8,2
1991-92    71,2    16,9   11,9
1992-93    66,2    16,6   17,2
1993-94    64,2    17,1   18,7
1994-95    62,3    17,9   19,8
1995-96    61,5    17,7   20,8
1996-97    60,8    16,9   22,3
1997-98    61,4    16,1   22,5
1998-99    61,1    15,0   23,9
1999-00    56,3    16,0   27,7
2000-01    53,2    15,0   31,8
2001-02    52,3    14,1   33,6

Es besteht kein Zweifel darüber, dass die 'absolute Mehrheit' Kanadas in den nächsten Jahren fallen wird. Allein bei den zurückliegenden Drafts, in dem die Rechte an den zukünftigen NHL-Spielern gesichert werden, wurden ebenfalls zuletzt mehr Europäer gezogen. Heuer im Juni wurden von den ingesamt ausgewählten 289 Nachwuchskräften 119 aus Europa stammende gezogen, das entspricht runde 41 Prozent. 1997 waren es im Vergleich nur 63 Aktive gewesen. Ein deutlicher Trend in eine Richtung.

Sicher trägt zu dieser Tendenz auch das Reglement der NHL bei. Während NHL Mannschaften nur zwei Jahre Zeit haben, gedraftete Spieler von nordamerikanischen Teams unter Vertrag zu nehmen, ehe sie wieder für den Draft freigegeben würden, gibt es für in Europa aktive keine Zeitbefristung, so lange sie dort auflaufen. Den Talenten soll so die Möglichkeit eingeräumt werden, in Europa Erfahrungen zu sammeln und in die NHL zu kommen, so bald sie reif dafür sind.
Die jungen Nordamerikaner ziehen es aber in der Regel vor, lieber AHL oder in anderen Minor- bzw. Juniorenligen zu spielen, als fern ab der Heimat über dem Atlantik. Insofern werden die Manager der NHL Franchiseunternehmen im Zweifel eher auf die Europäer zurückgreifen, um nach zwei Jahren nicht gezwungen zu sein, einen Akteur, der für die NHL vielleicht noch gar nicht geeignet ist, aber zukünftig interessant wäre, unter Vertrag zu nehmen, nur damit die Transferrechte behalten werden.

Ein weiteres Argument für die sinkende Zahl der Nordamerikaner und steigende der Europäer, ist die Tatsache, dass von hier vermehrt ältere Akteure geholt werden, um die dritten und vierten Reihen qualitativ aufzufüllen. Bestes Beispiel hierfür war der Transfer des 33-jährigen tschechischen Nationalstürmers Jiri Dopita zu den Philadelphia Flyers im Sommer. Ursprünglich bereits 1992 von den Boston Bruins gedraftet und trotz starker Leistungen in seiner Heimat, sowie im Nationalteam, von den NHL-Clubs nicht beachtet, bekam er heuer erstmalig von den Flyers einen Vertrag in der NHL. Dort füllt er die Rolle des Centers in der dritten und vierten Reihe aus und verschafft damit dem Kader mehr Durchschlagskraft. Eine Aufgabe, die früher vielen kanadischen Spielern vorbehalten war.

Die Ottawa Senators und deren damaliger General Manager Pierre Gauthier zum Beispiel hatten einen durchschlagenden Erfolg, als sie die beiden Mitte-Zwanziger Magnus Arvedson und Andreas Dackell aus Schweden verpflichteten. Andere Teams folgten prompt.

Aus einem anderen Gesichtspunkt betrachtet übernehmen die Spieler aus Europa außerdem vermehrt die Führungsrollen in den Teams. Letzte Saison waren von den zehn Topscorern in der NHL, Sieben aus der 'Alten Welt', ebenso vier von den zehn besten Verteidigern und vier von den zehn besten Torhütern. Europa ist auch hier im Kommen.

73 Spieler wechselten in der Sommerpause über den Atlantik zu NHL-Clubs bzw. deren Farmteams. Der Trend wird wohl weiter anhalten, zumal dort das große Geld lockt, ein weiterer wichtiger Anlass, seine Chance über dem großen Teich zu suchen.

Die NHL kann von der Vielseitigkeit der Nationen nur profitieren. Unterschiedliche Spielcharaktere erhöhen den Reiz und die taktischen Variationen der Teams. Kanada wird weiterhin den Großteil der Aktiven stellen, doch Europa ist im Kommen. Dies sollte die NHL auch nicht bei der Vermarktung ihrer Liga auf unserem Kontinent vergessen. (sth)

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